Offener Brief Frau Schott (Die LINKE) im Anschluss an die FSC-Diskussion im hessischen Landtag

Unsere Reaktion auf die Rede von Frau Schott (Die Linke) im hessischen Landtag.

Als pdf: Offener Brief Frau Schott

Die Rede als Video findet sich auf der Website der hessenschau.

Sehr geehrte Frau Schott,

mit Bedauern haben wir Ihre gestrige Rede im hessischen Landtag verfolgt. Zuerst einmal freut es uns, dass Sie sich zu Waldschutzbemühungen bekennen. Gleichzeitig sind wir jedoch erschrocken über den Informationsmangel, der Ihren Aussagen zugrunde liegt.

Falls Sie sich nicht erinnern können: Wir sind eine Arbeitsgruppe die es sich zum Ziel gesetzt hat über den FSC aufzuklären und gegen die FSC-Verbrauchertäuschung und Betrug zu kämpfen. Aussagen, die wir im Übrigen gerne belegen können. Wir haben bereits im September letzten Jahres angefangen uns gegen die FSC-Zertifizierung der hessischen Staatswälder zu engagieren und haben hierzu mehrere offene Briefe formuliert. Dementsprechend fragen wir uns, warum Sie diese Informationen nicht prüfen und stattdessen weiterhin vorformulierten Ansichten des FSC und seiner Profiteure folgen. Ein Verhalten, das einer linkspolitischen Partei absolut unwürdig ist!

Sie betonen, dass der Waldschutz wichtiger ist als monetäre Interessen. Diese Grundeinstellung ist erst einmal lobenswert! Sie lassen dabei jedoch völlig außer Acht, dass der FSC ein gänzlich unzureichendes Instrument ist um dies zu erreichen. Wir betonen noch einmal, wie wir es schon dutzende Male getan haben, dass er weder ein Garant für Nachhaltigkeit ist, noch ein Öko-Zertifikat. Eine Tatsache, die er im Übrigen selbst betont: „Ihre Aussage, der FSC sei ein Ökolabel ist falsch und entbehrt jeder Grundlage“1. Abgesehen davon unterstellen Sie den Landesbediensteten mit dieser extrem verkürzten Darstellung, dass sie nicht in der Lage sind, ökologische sowie ökonomische Aspekte der Waldbewirtschaftung zu beachten. Eine ganze Berufsgruppe derart pauschal zu verunglimpfen, macht uns geradezu sprachlos. Zumal gerade diese Berufsgruppe sich die FSC-Zertifizierung „etwas kosten lassen“ muss – unter anderem dadurch, dass durch eine Ausweitung der Flächenstilllegung Arbeitsplätze weg fallen. Und ist Ihnen bewusst, dass sich durch die vom FSC geforderte Erweiterung der Rückegassenabstände von 20 m auf 40 m das Sicherheitsrisiko für Forstmitarbeiter signifikant erhöht2? Eine Tatsache, die unserer Meinung nach übrigens gegen geltendes Arbeitsrecht verstößt!

Wir fordern Sie auf, sich umfassender zu informieren und den FSC, sein System, seine Grundsätze und Handhabungen (beispielsweise in der nicht vorhanden, angeblich „strengen“ Kontrolle) kritisch zu hinterfragen!

Sie werfen der FDP vor, in der Schule nicht aufgepasst (und die eine oder andere Sendung mit der Maus verpasst) zu haben. Gleichzeitig ignorieren Sie, dass die FDP – scheinbar im Gegensatz zu Ihnen – das Gutachten gelesen und ausgewertet hat. Da stellt sich die Frage, wer von Ihnen wo nicht aufgepasst hat. Auch werfen Sie der Partei vor, „ökologisch komplett blind“ zu sein. Dass das Gegenteil der Fall ist erlauben wir uns im Folgenden ausschnittartig darzustellen.

Da wäre beispielsweise die von Ihnen erwähnte Flächenstilllegung zu nennen. Neben dem Aspekt der Entlassung von Waldarbeitern – 1.000 m³ Waldholz entsprechen etwa einem Arbeitsplatz – ist diese Forderung auch ökologisch verwerflich. Wir vermuten, dass Sie mit der Aussage, dass „ein Wald nie mehr CO² freisetzen kann als er zuvor gebunden hat“ auf den Klimaschutz durch Flächenstilllegungen einzugehen versuchen? Sollte das der Fall sein, so bitten wir zu beachten, dass durch eine Flächenstilllegung in Hessen die gleiche Menge Holz an anderer Stelle eingeschlagen werden wird – meist in borealen Wäldern z. B. in Russland. Sie müssen also beachten, dass
a) … die Einschlagsmethoden wesentlich rudimentärer sind, was im Klartext bedeutet, dass es auf den ökologischen Super-Gau des Kahlschlages hinaus läuft.
b) … mit der Kahlschlagung dieser Wälder das großflächigem Auftauen von Permafrostböden einher geht. Hierdurch werden massive Methanvorkommen freigesetzt – ein Gas, das 400 mal klimawirksamer ist als CO2. Das zieht ungleich schlimmere Folgen nach sich als die Einschlagung der gleichen Menge in Deutschland.
c) … dass das Holz durchschnittlich 5000 km weit transportiert werden muss, was mit massiven Folgen (sowohl monetären als auch ökologischen!) einhergeht.
d) …etwa 50% der Ernte aufgrund der Erschließungsbeschaffenheiten verloren geht und die Hauptproduktausbeute im Vergleich zu mitteleuropäischen Sägewerken um 30% reduziert ist. Es muss also etwa die dreifache Menge Holz eingeschlagen werden um die gleiche nutzbare Menge zu erzeugen.
Es handelt sich also, global gesehen, um einen massive Steigerung der Vernichtung ökologischer Ressourcen. Das Gleiche gilt auch für die Rückegassenabstände, die nach dem Willen des FSC von 20 m auf 40 m ausgeweitet werden sollen. Neben den negativen Auswirkungen auf die Arbeitssicherheit bedeutet dies auch, dass der Boden in den verbleibenden Rückegassen exponentiell stärker geschädigt wird als bei Beibehaltung des 20 m-Abstands3.

Wie Sie ja selbst schon betonen, sind bereits jetzt gesetzliche Grundlagen vorhanden die beispielsweise den Schutz der Biodiversität durch Flächenstilllegung (aber eben nicht von 10%) gewährleisten können. Der FSC-Standard stellt hierzu keine Verbesserung da. Lassen Sie uns das an einem kurzen Beispiel verdeutlichen. Generell werden in deutschen Wäldern nur dann Pestizide verwenden, wenn sie unumgänglich sind – beispielsweise um eine großflächige Waldzerstörung zu unterbinden. Nach FSC-Richtlinien sind Pestizide generell verboten – man kann aber im Fall der Fälle auf eine Art „Sondergenehmigung“ zurück greifen, die gegen Zahlung einer Gebühr vom Verbot befreit. Dementsprechend ist diese Pestizidrichtlinie für den Waldschutz völlig sinn frei; für den FSC stellt sie jedoch eine weitere Einnahmequelle dar.

Von Transparenz, die Sie loben, kann darüber hinaus wirklich keine Rede sein. Die „vergleichende ökonomische und ökologische Bewertung der schrittweisen FSC-Zertifizierung im Hessischen Staatswald“ durch den Landesbetrieb HessenForst AöR wurde schließlich fast eineinhalb Jahre (!) lang unter Verschluss gehalten. Veröffentlicht wurde am Ende, aufgrund von massivem Druck aus den Medien, nur eine geschwärzte Version! Und dass Frau Tappesser nicht nur Staatssekretärin sondern auch Mitglied im Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. ist, winken die Grünen als belanglos ab, sie sei es ja „nur als Privatperson“. Eine Aussage, die wir bezweifeln4 – die an der Meldepflicht aber auch nichts ändern würde.

Da Sie selbst ja schon Zweifel verlauten lassen, dass die stillgelegten Flächen „hoffentlich sorgfältig ausgesucht“ werden, hoffen wir, dass Sie sich für die folgenden Debatte wissenschaftlicher Fakten und keiner medienwirksamen Oberflächlichkeit bedienen und zur einzig richtigen Erkenntnis kommen – nämlich dass die FSC-Zertifizierung in Hessen nicht dem Wald nutzt – sondern nur den monetären Interessen einiger Weniger, in diesem Fall auf der „Umweltschützer“seite.

Für weitere Informationen und Diskussionen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Die bisherigen offenen Briefe sowie Hintergrundinformationen finden Sie auf unserem Blog www.fragen-an-den-fsc.de

Mit freundlichen Grüßen,
Arbeitsgruppe FadFSC

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