Warum Sie den FSC hinterfragen sollten

Dies ist eine Antwort auf „Why should your company choose FSC“, herausgegeben von der britischen FSC-Ländergruppe. Zur vereinfachten Darstellung der Zitate im Deutschen haben wir diese intern übersetzt. Für den Originaltext folgen Sie einfach folgendem Link: https://ic.fsc.org/en/choosing-fsc/10-reasons-to-choose-fsc, unsere englischsprachige Stellungnahme finden Sie, indem Sie oben im Menü des Blogs die Sprache ändern.


  1. FSC wird von seinen Mitgliedern geführt

Das klingt auf dem Papier erst einmal nach einer wirklich guten, demokratischen Grundlage. Leider können jedoch einige wenige Mitglieder Entscheidungen dadurch blockieren, dass sie ein Veto einlegen. Und das gilt nicht nur für die Kammern des FSC A.C. in Mexiko, sondern auch für die Länderarbeitsgruppen. Für das Verständnis der FSC-Struktur empfehlen wir außerdem unser Organigramm.

Übrigens handelt sich bei fast allen Mitgliedern der Ländergruppen um forstökologische Laien. Zum Wohle des Waldes kann hier also in doppelter Hinsicht nur sehr begrenzt entschieden werden.


  1. FSC hat den höchsten Standard

Hierzu muss zuerst einmal erwähnt werden, dass es sprichwörtlich nur eine Hand voll Waldzertifikate gibt. Und diese grundsätzlich sehr verschieden sind. Im Allgemeinen gilt der FSC tatsächlich als das “strengste Siegel”. Was man auch als „sie sind besser als die anderen auslegen“ kann. Leider impliziert das nicht, dass sie tatsächlich gut sind. Das wäre in etwa so, als würde man unter den Diktatoren den wählen, der am wenigsten Leute umgebracht hat. Oder das Pestizid, das am wenigsten giftig ist. Dass trotzdem Menschen sterben und Ökosysteme zerstört werden, ist damit nicht gerechtfertigt!


  1. FSC ist respektiert und glaubwürdig

Das ist auf so vielen Ebenen falsch, dass wir kaum wissen, wo wir anfangen sollen. Ja, leider muss man davon ausgehen, dass der FSC weltweit respektiert ist. Was verwunderlich ist, da er doch entgegen etlicher Presseberichte keinesfalls „gemeinnützig“, noch ein „Ökosiegel“, „Nachhaltigkeitszertifikat“, oder eine „Waldschutzorganisation“ ist. Auch haben viele Länder und Ethnien, in denen er Kahlschläge und Primärwaldrodungen zulässt, keine Ahnung wer oder was er eigentlich ist. Die FSC-Waldwirtschaft unterscheidet sich (dort) kaum bis gar nicht von der konventionellen.

Zudem entbehren die meisten FSC-Forderungen jeglicher forstwissenschaftlicher Grundlage. Sie werden plakativ in Hinblick auf die beste Öffentlichkeitswirksamkeit formuliert, nicht zugunsten einer „verantwortungsvollen Waldwirtschaft“. Ob das jetzt als „Glaubwürdigkeit“ ausgelegt werden kann möchten wir bezweifeln.

Außerdem: Wie passt die Aussage, dass der FSC “den höchsten Standard für den Schutz […] natürlicher Wälder darstellt” (entnommen von der FSC-Website) damit zusammen, dass er Kahlschläge in Primärwälder zulässt?


  1. FSC hat einen weitreichenden Einfluss

Man muss dieser Aussage insofern zustimmen, als dass es wirklich weltweit FSC-zertifizierte Wälder gibt. Leider wissen viele Menschen, die in und mit diesen Wäldern arbeiten und leben, aber weder dass sie zertifiziert sind – noch was der FSC überhaupt ist.  Auch ist der FSC weltweit sehr gut vernetzt und kann sich der Unterstützung vieler NGOs (wie beispielsweise des WWFs, und auch von Greenpeace, da diese den FSC trotz Beendigung der Mitgliedschaft nach wie vor unterstützen) gewiss sein. Im gleichen Paket enthalten ist auch die Unterstützung der Politik, die – wie wir mehrfach erleben durften – gar keine Ahnung von den Regularien hat.

Leider nutzt er diesen Einfluss keinesfalls, um Wälder zu schützen oder tatsächlich etwas zu bewegen, das nicht seinem eigenen Profit dient. Wir fragen uns: Was ist der Einfluss einer angeblichen Waldschutzorganisation (eine Bezeichnung, die er im Übrigen selbst zu nutzen vermeidet) wert, wenn er nur für Verbrauchertäuschung, „Holzwäsche“ (wir meinen hiermit den Verkauf  illegal geschlagenem Blut- und Raubbauholz, das im Verkauf als FSC deklariert und damit „automatisch“ offiziell legal ist) und Maximalprofit eingesetzt wird.


  1. FSC hat positive Auswirkungen

Hier wird es etwas schwierig. Wir haben mehrfach versucht raus zu bekommen, ob der FSC jetzt besser ist als Nicht-FSC, und das am besten global. Leider hat der FSC seine Schwachstellen ausgesprochen geschickt versteckt. Wir haben Sie trotzdem gefunden, und möchten an dieser Stelle gerne auf den mittlerweile beachtlichen Dokumentenstapel auf unserer Website verweisen.

Weiterhin erlauben wir uns kurz zu erläutern, warum es so schwierig ist, eigenständig und mit nur einem begrenzten Zeitaufwand Nachforschungen anzustellen:

  1. Vieles, was in einem FSC-zertifizierten Wald erlaubt ist, kann in einem anderen Land strikt verboten sein
  2. Diese Differenzen lassen sich aber leider nicht auf Klima- oder Mikroklimagrenzen, Regionen oder ähnliche biologisch-geographische oder andere logisch nachvollziehbare Eigenschaften zurück führen. Stattdessen unterteilt der FSC nach Ländern.
  3. Gleichzeitig hat nicht jedes Land einen eigenen Standard, sodass für viele nur die sogenannten IGIs (International Generic Indicators) gelten. Die sind allerdings so allgemein formuliert sind, dass man daraus bei Bedarf so ziemlich alles ableiten kann.

Wir können diese Liste beliebig lang fortsetzen.


  1. FSC hat einflussreiche Unterstützung

Kein Scherz, das haben sie tatsächlich so geschrieben. Klingt ein wenig wie ein Werbespruch für die Mafia oder ein Kartell, nicht wahr? Viel mehr müssen wir dazu dann wohl auch nicht mehr sagen. Außer vielleicht, dass diese Unterstützung langsam bröckelt. Sowohl Greenpeace International als in Folge auch Greenpeace Deutschland (und damit ein Großteil des globalen Spendenaufkommens) haben in der letzten Woche ihre Mitgliedschaft im FSC beendet. Vor Greenpeace haben schon andere NGOs wie FoE UK und SSCN diesen Schritt getan, Greenpeace bringt jedoch noch eine sehr viel breitere, überregionale Öffentlichkeitswirksamkeit mit sich. Wir hoffen inständig, dass das darin resultiert, dass die bedingungslose Unterstützung des FSC durch große NGOs und Parteien (wie in Deutschland Bündnis 90/Die Grünen) wenigstens ansatzweise hinterfragt wird.


  1. Der FSC ist transparent

Natürlich. Genau deswegen hat Greenpeace seine Mitgliedschaft ja auch mit der Begründung beendet, dass der FSC weder so konsequent arbeitet wie sie es voraus setzen, noch transparent genug ist. Wir erläutern dies wiederum mit einem Beispiel, der Einfachheit halber. Die im FSC-Siegel auf einem Produkt aufgedruckten Informationen sollen angeblich ermöglichen, die Herkunft des Holzes ganz genau nachzuvollziehen. Während des Interviews für den Brand Eins-Artikel haben wir genau das versucht:

„Zu der auf seinem Milchkarton aufgeführten Kontrollnummer werden Gerriet Harms aus Oldenburg auf der Homepage des FSC exakt 69 Links angezeigt. Demnach hat das Holz, das für die Herstellung der Verpackung verwendet wurde, zehn verschiedene Herkunftsorte. Die Rückverfolgbarkeit jedes zertifizierten Produkts ist ein Schlüsselkriterium dieses internationalen Standards. Der Milchkarton in Oldenburg stammt also aus Schweden, Frankreich, Großbritannien oder Deutschland, vielleicht aber auch aus der Schweiz. Harms, der Holzhändler ist, klickt lieber auf die deutsche Adresse und landet bei Tetra Pak im norwegischen Oslo. Er wählt die angegebene Telefonnummer. Es meldet sich eine englische Stimme.“

Zur „Transparenz“ der Buchführung eines Betriebes verweisen die Unterpunkte, die wir unter 5. bereits angeführt haben.


  1. FSC hat global einheitliche Standards

Wir sind nicht ganz sicher, ob die britische Ländergruppe, die diese Liste das erste Mal verfasst hat, das wirklich selbst glaubt. Oder bewusst in die Irre führt. Tatsächlich einheitlich sind die CoC (Chain of Custody) Standards. Länderstandards beziehen sich auf die FM-Zertifikate (Forest Management) –und die sind ganz und gar nicht einheitlich. Zwar haben sich alle FSC-zertifizierten Betriebe an die oben bereits erwähnten Principles & Criteria zu halten, die Länderstandards, die in einigen Ländern hieraus erarbeitet wurden, unterscheiden sich aber zum Teil sehr drastisch. So sind beispielsweise Kahlschläge, die nach dem deutschen Standard streng verboten sind, im schwedischen Standard nicht einmal erwähnt. Was zu Folge hat, dass sie in der schwedischen Forstwirtschaft zur gängigen Praxis gehören. Das ist nicht einmal innereuropäisch einheitlich!!


  1. FSC denkt lokal

Das ist tatsächlich sogar mal wahr. Allerdings keinesfalls so positiv zu bewerten, wie der Konzern (ja, Konzern! Für weitere Infos lesen Sie bitte XXX) uns weiß machen will. Die FSC-Länderstandards werden jeweils für ein Land ausgearbeitet. Und beachten dementsprechend keinesfalls, wie genau sich die Art und Weise der Waldbewirtschaftung nach diesen Standards global auswirkt.

Hier ein Beispiel aus Deutschland. Der FSC strebt an, in Zukunft 10% der deutschen Wälder still zu legen (FSC-Standard 3.0, aktuell gültig ist der Standard 2.3), also von der Bewirtschaftung auszuschließen. Für Deutschland selbst klingt das erstmal nach einer guten Idee, mehr Wald für die Artenvielfalt, mehr Wald der still gelegt wird und sich entwickeln kann, wie er es natürlicherweise tun würde (An dieser Stelle würden wir sehr gerne Stellung beziehen, warum auch diese Rechnung viel zu kurz gegriffen ist, zugunsten der Übersichtlichkeit verzichten wir jedoch darauf und werden es an anderer Stelle anführen). Nicht beachtet wird bei den öffentlichen Lobeshymnen jedoch, dass der deutsche Markt keinesfalls vorhat, auf diese Holzmengen zu verzichten. Und wenn sie in Deutschland nicht geschlagen werden dürfen, dann geschieht das an anderer Stelle. Aufgrund von Produktionskosten und Verfügbarkeit von Nadelholz häufig in borealen Ländern, beispielsweise in Russland. Wir zitieren hier aus unserem eigenen Schreiben an Herrn Schäfer-Gümbel:

„Um die Dimensionen klar zu machen muss man wissen, dass in Deutschland pro Jahr und Hektar im Durchschnitt 11 m³ Holz nachwachsen. Im borealen Wald ca. 1 bis 1,5 m³, also um den Faktor 10 weniger. Letzteres äußert sich auch in den Vorräten pro Hektar. Diese liegen, bezogen auf die mit hiebsreifen Beständen bestockten Waldflächen bei 36 m³ pro Hektar. Im Klartext heißt das, um die bei uns durch Flächenstilllegungen eingesparte Holzmenge zu ersetzen, muss z. B. in Russland, jährlich eine Fläche in der Größe von knapp 121.000 Hektar kahlgeschlagen werden, eine Fläche die größer ist als die des Landkreises Wetterau . Von weiteren negativen Auswirkungen auf die Umwelt wie das Auftauen der Permafrostböden mit einhergehender Ausgasung von Methan (das 400 Mal klimawirksamer ist als CO2) ganz zu schweigen. Ebenfalls nicht berücksichtigt wurden die massive Erhöhung der grauen Energie z. B. für die Überwindung einer erheblich höheren Transportentfernung und die damit einher gehenden ökologischen Folgen. So führt das Experiment „Wildnis wagen“ durch Unterschutzstellung von hiesigen Wirtschaftswäldern zur Vernichtung echter Primär(Ur)wälder in der nördlichen Hemisphäre.“

Lokales Denken ist für viele politische Aspekte sicherlich von Vorteil. Für nachhaltige Forst“wirtschaft“ unter dem Theorem des FSC ist es, wenn alle Länder es weiterhin betreiben, ein Todesurteil.


  1. FSC ist anerkannt

Wie bei Punkt 8 fragen wir uns hier wieder, ob das für einen angeblich seriösen Konzern, der mit Adjektiven wie „verantwortungsvoll“ wirbt, nicht eine etwas seltsame, verschrobene und sehr etwas sehr selbstüberzeugte Werbestrategie ist.


 

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