Stellungnahme auf kleine Anfrage bezüglich des FSC -Gutachtens durch die Firma UNIQUE

Am 16. Januar 2018 veröffentlichte der hessische Landtag die Antwort des Ministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, vertreten durch Frau Ministerin Priska Hinz, die Antwort auf die Kleine Anfrage der SPD vom November 2017.

Da wir aktuell an einer Stellungnahme zum Gutachten der Firma UNIQUE arbeiten hat unsere Antwort auf die oben genannte Veröffentlichung einige Zeit in Anspruch genommen und wird nur hier und nur interessierten Lesern zugänglich gemacht, da unser Hauptfokus aktuell auf dem Gutachten liegt. Trotzdem soll der Vollständigkeit halber hier darauf hingewiesen werden.

Kleine Anfrage der SPD betreffend externes FSC-Gutachten und Evaluation durch UNIQUE

Im Anschluss an unsere offenen Briefe an Frau Ministerin Hinz, die Firma Unique und Repräsentanten des FSC nahm Herr Harms an einer Arbeitskreis-Sitzung der SPD in Wiesbaden teil. Ende letzter Woche stellte diese infolgedessen eine kleine Anfrage.

Die kleine Anfrage finden Sie hier: Kleine Anfrage

Die Pressemitteilung von Herrn Lotz bezüglich der Anfrage ist hier zu finden: Pressemitteilung

 

Offene Briefe an Frau Hinz, Funktionsträger des FSC und die Firma UNIQUE bzgl Begutachtung des FSC durch die Firma UNIQUE

Vor wenigen Wochen verkündete das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz auf Twitter, dass das zweite Gutachten, das Frau Ministerin Hinz in Auftrag gegeben hat, von der Firma UNIQUE aus Freiburg erstellt werden solle.

Eine kurze Internetrecherche zeigte, dass UNIQUE sowohl Mitglied der Wirtschaftskammer des „Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V.“ in Freiburg sind. Weiterhin ist nach Auskunft der FSC-Website https://info.fsc.org/certificate.php vom 18.10.2017, 17.22 Uhr dem Betrieb ein Zertifikats-Code (GFA-COC-001162) zugeordnet. Dies nahmen wir zum Anlass, einen offenen Brief sowohl an UNIQUE als auch an den Vorstand des Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e. V., den Geschäftsführer der FSC Global Development GmbH und den den Geschäftsführer FSC International Center gemeinnützige Gesellschaft mbH zu versenden. Auch Frau Hinz erhielt von uns ein weiteres Schreiben.

Wir sind sprachlos, wie tief die Moral der politischen Entscheidungsträger gesunken ist, dass versucht wird, eine negative Beurteilung der FSC-Zertifizierung in HessenForst mit allen Mitteln aus der Öffentlichkeit heraus zu halten. Nicht nur, dass das ursprüngliche Gutachten von HessenForst ist nach wie vor nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Frau Hinz begründet dies – ebenfalls auf Twitter – im Übrigen damit, dass man erst das zweite Gutachten abwarten wolle.

Eine Argumentation, die vor allem deswegen abdurd erscheint, weil die Firma gar nicht anders handeln kann als den FSC positiv zu bewerten, da sie sonst gegen § 4 der Satzung des Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. verstoßen würde (in der Fassung von 2014: „(4) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Satzung und die Beschlüsse der Vereinsorgane zu beachten und den Vereinsinteressen nicht zuwider zu handeln“).

Wir fordern Frau Hinz auch an dieser Stelle Sie daher an dieser Stelle noch einmal mit Nachdruck auf, das erste Gutachten unverzüglich und in vollem Umfang, ohne geschwärzte Passagen, zu veröffentlichen.

Die Schreiben finden Sie hier:

Frau Hinz: FragenAnDenFSC Offener Brief Frau Hinz

Funktionsträger des FSC: FragenAnDenFSC Offener Brief bzgl Firma Unique

Firma Unique: FragenAnDenFSC Offener Brief Firma UNIQUE

Über Antworten und andere Reaktionen informieren wir wie üblich an dieser Stelle.

Soziale Nachhaltigkeit

Einer unserer Hauptkritikpunkte am FSC ist es, dass er in seinen Forderungen die sozialen, ökonomischen und globalen Folgen außer Acht lässt.

Dementsprechend kommen wir nicht umhin, der sozialen Nachhaltigkeit ein eigenes Kapitel zu widmen.

Vorab möchten wir jedoch darauf hinweisen, dass in all unseren Texten die Wörter Nachhaltigkeit oder nachhaltig oft in Anführungszeichen stehen. Dies entspricht unserem inneren Konflikt zu diesem Wort und seiner Bedeutung. In Ermangelung einer allgemein gültigen Definition betrachten wir eine Waldwirtschaft dann als nachhaltig, wenn sie:

  • Die sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen einer Handlung in Betracht zieht und diese in ein Gleichgewicht setzt, das
  • Es künftigen Generationen erlaubt, ihre Bedürfnisse zu befriedigen, wie wir als aktuelle Generationen unsere Bedürfnisse befriedigen
  • Und dies weltweit

In der Auseinandersetzung mit dem FSC fällt auf, dass er in den meisten Fällen nur von einer ökologischen Nachhaltigkeit spricht, die soziale und ökonomische jedoch kaum eine Rolle spielen. Allenfalls werden beide Begriffe gerne zurate gezogen, um ein Argument weiter zu unterstreichen. Meist steht hinter der Verwendung des Begriffes jedoch sehr offensichtlich weder ein Verständnis davon, was er bedeutet, noch ein vertieftes Interesse daran, ihn fachgerecht umzusetzen.

Durch die streng ökologische Betrachtungsweise erfährt der FSC eine Eindimensionalität, die per Definition „nachhaltiges“ Handeln unmöglich macht. Und obwohl dem FSC gern unterstellt wird, es sei ein „Nachhaltigkeitszertifikat“, scheint niemand Interesse daran zu haben, genau dies zu kritisieren. Selbst Fachgutachten, wie beispielsweise das der Firma UNIQUE zur FSC-Zertifizierung der hessischen Wälder, erhebt die sozialen Folgen der FSC-Zertifizierung gar nicht erst mit, obwohl sie angeblich seine „Nachhaltigkeit“ untersucht:

„Eine nachhaltige Holzwirtschaft wird durch das Zertifizierungssystem Forest Stewardship Council (FSC) abgesichert. Dahinter stehen die Förderung einer umweltfreundlichen, sozialförderlichen und ökonomisch tragfähigen Bewirtschaftung von Wäldern und ein verantwortungsvoller Umgang mit den globalen Waldressourcen. Wir wollen eine schrittweise Zertifizierung des hessischen Staatsforstes nach den Kriterien des „FSC Deutschland“. Dabei werden wir so vorgehen, dass die ökologischen und ökonomischen Ergebnisse bei den Umsetzungsschritten berücksichtigt werden.[1]

Die soziale Nachhaltigkeit scheint eher ein Notfall-Stützrad darzustellen, das bei Bedarf ausgefahren wird um einem Thema eine bessere Balance zu geben. Bei näherer Betrachtung misslingt dies jedoch auf voller Länge.

Unsere Recherche zum Thema soziale „Nachhaltigkeit“ im FSC-Konzern ergab nur mit viel gutem Willen einige vage Hinweise, wie beispielsweise zum Thema

Rückegassenabstände

Bei der Diskussion zu den Rückegassenabständen argumentiert der FSC für eine Erweiterung der Abstände mit dem Argument, dass durch die damit notwendig motormanuelle Zufällung mehr Arbeitsplätze entstehen könnten. Das erscheint auf den ersten Blick sozial. Aber ist es auch „nachhaltig“, also rechtfertigt der soziale Nutzen die ökologischen und ökonomischen Folgen?

Nichtderbholznutzung:

Gehen wir nun davon aus, das Beschäftigen von mehr Waldarbeitern sei „sozial nachhaltig“. Diese Schlussfolgerung muss wenigstens erneut betrachtet werden wenn man mit einbezieht, dass durch die vom FSC geforderte Nichtnutzung von Nichtderbholz ungleich mehr Baumbestandteile im Wald verstreut liegen, die die Flexibilität und Ausweichmöglichkeiten der Arbeiter zusätzlich einschränken. Das hierdurch erhöhte Sicherheitsrisiko für Waldarbeiter ist beträchtlich. Ist dies also noch „sozial nachhaltig“? Kann es  „sozial nachhaltig“ sein, wenn es den deutschen Arbeitsschutzgesetzen widerspricht (siehe Blogartikel Nichtderbholz)?

Flächenstilllegungen – Einblick in eine globale Perspektive

Wenn schließlich noch die globale Perspektive hinzugezogen wird (wie wir dringend empfehlen!), so fällt spätestens jetzt auf, dass das Verhalten des FSC nicht als sozial, sondern als neokolonial bezeichnet werden kann. Dass in Deutschland Flächen still gelegt werden hat erst einmal nur zur Folge, dass die „Umweltschützer“ verstummen und „grünen Stimmen“ ihre Wählerklientel befriedigen können. Wie viele Stimmen aus anderen Ländern dabei verstummen, beziehungsweise gänzlich ungehört verhallen, wird nicht mit einem Wort erwähnt. Jedem, der sich auch nur minimal tiefer mit der Materie auseinandersetzt, muss auffallen, dass eine Verlagerung der Ernteorte bedeutet, dass andernorts Menschen dauerhaft ihre Lebensgrundlage entzogen wird – und das, um mit völlig ungeeigneten Methoden dem zweifelhaften Ideal einer regio-ökologischen „Nachhaltigkeit“ in Deutschland nachzueifern.

Uneinheitlichkeit

Durch willkürliche Regeländerungen oder plötzliches, ebenso willkürliches Abweichen von bestehenden Regelungen, wie wir es in den letzten Jahren im FSC Deutschland erlebt haben, experimentiert der Konzern. Sein Ziel ist hierbei nicht primär, möglichst gute Praxis anzuwenden und diese langfristig zu sichern. Anderenfalls würden seine Standards und Papiere auf anderen Grundlagen beruhen als sie es tun. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf dass er versucht heraus zu finden, wie genau er sich positionieren sollte, um eine möglichst große Öffentlichkeitswirksamkeit und gute Reputation zu erreichen. Darunter leiden Wald, Waldarbeiter und Waldbesitzer, Verwaltungsangestellte und alle in jegliche Holzprozesse involvierten Menschen bis hin zum Endverbraucher. Von sozialer „Nachhaltigkeit“ ist dies meilenweit entfernt.

Einbeziehung lokaler Interessenvertreter

Für den FSC Deutschland sieht das alles sehr transparent aus. Zu bestimmten Anlässen lädt der FSC zu Veranstaltungen, in denen scheinbar verschiedene Interessensvertreter ihre Meinung vertreten können. Auf den ersten Blick erscheint dies ein demokratisches Grundsystem zu sein, das die Qualität und beständige Verbesserung fördert. In der Realität sieht es jedoch leider anders aus. So hat beispielsweise schon der hessische Rechnungshof in seinem Bericht zur FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes festgestellt, dass selbst FSC-Mitglieder nur einen sehr begrenzten Einfluss auf die Entscheidungen der deutschen Landesgruppe, geschweige denn dem mexikanischen Mutterkonzern haben. Dementsprechend stellt sich die Frage, wie lokale Interessenvertreter Einfluss auf sie betreffende Entscheidungen nehmen können. Die Antwort ist: quasi gar nicht.

Schlimmer wird dies noch, wenn man sich Länder anguckt, in denen diesen Interessenvertretern noch viel weniger gesellschaftliche Bedeutung oder mediale Aufmerksamkeit zugesprochen wird. Der FSC rühmt sich, indigene Völker und lokale stakeholder in Entscheidungsfindungen mit ein zu beziehen. In der Realität bedeutet das jedoch, dass Einladungen zu Stakeholderbeteiligung gut versteckt im Internet veröffentlicht werden, ohne jede Möglichkeit für Ortsansässige, dies zu bemerken und sich zu wehren. Wir zitieren an dieser Stelle immer wieder gerne Bruno Manser: „Der Wald hat kein Telefon.“

Mit dieser – zugegeben, etwas verkürzten – Darstellung möchten wir vor allem betonen, dass es dem FSC an einem Interesse und der Fähigkeit zu einer ganzheitlichen Perspektive mangelt. Hiermit disqualifiziert er sich selbst, jemals für eine „nachhaltige Entwicklung“ der deutschen Waldwirtschaft einzustehen.


[1]                UNIQUE-Gutachten, Kapitel „Einführung“, Seite 10. Zitiert aus dem  Koalitionsvertrag der hessischen Landesregierung 2014  

Chronologie Aufklärungsarbeit Hessen

Ursprünglich standen an dieser Stelle einzelne Artikel über unsere jeweiligen Schritte und aktuelle Veränderungen zur FSC-Diskussion in Hessen. Da diese langsam aber sicher an Übersichtlichkeit zu wünschen ließen finden Sie hier nun eine Zusammenfassung. Auf die entsprechenden Dokumente kann jederzeit über das Dokumentenzentrum, die Links im folgenden Text oder die Menü-Unterpunkte “Kleine Anfragen” und “Offene Briefe” zugegriffen werden.

Bei Fragen und Unklarheiten stehen wir wie üblich jederzeit gerne zur Verfügung.


Oktober 2020:

Der hessische Rechnungshof veröffentlicht seinen Bericht zum Jahr 2019, inklusive einer kritischen Auseinandersetzung mit der FSC-Zertifizierung des hessischen Staatsforstes.

Das Dokument finden Sie hier: Rechnungshof

Unseren Kommentar hierzu finden Sie hier


Oktober 2018:

Im Vorfeld der hessischen Landtagswahl haben wir an die großen zur Wahl stehenden Parteien einen Wahlprüfstein versandt. Dieser findet sich hier. Bereits zwei Tage später antwortete die FDP mit dem folgenden Dokument: Wahlprüfstein, Antwort FDP.

Edit: am 22.10.2018 antwortete uns auch die CDU: Antwort CDU 2018-10-22

Außerdem: Wahlprüfstein

Im Anschluss an die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Lotz in Bezug auf die vom FSC-geforderten weiteren Rückegassenabstände hat die SPD ebendieses Dokument an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) geschickt.

Die Antwort der SVLFG findet sich hier: Antwort_Lotz_18_10_2018

Hieraus erstmal nur ein kurzes Zitat: “Wir als gesetzlicher Unfallversicherungsträger sehen daher eine durch Zertifikatsvorgaben manifestierte Vorfestlegung bei der Schutzgutabwägung sehr kritisch, da sie nach unserer Meinung dem dem allumfassenden Grundrecht nach Unversehrtheit und dem daraus abzuleitenden Risikominimierungsgebot entgegenstehen.”

September 2018:

Ende September 2018 konnten wir endlich unsere ausführliche Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten verschicken. Sie ist allerdings nicht nur als Kritik am UNIQUE-Gutachten, sondern als generelle Kritik am FSC zu lesen. Sie wurde an mehrere hundert Journalisten, Politiker und an die Abboneten unseres Mailverteilers verschickt. Über Reaktionen und mögliche Presseberichte halten wir wie immer auf dem Laufenden. Das Dokument kann wie immer gerne geteilt werden, für Diskussionen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung!

Die Dokumente finden sich hier:

Pressemitteilung “Scheitert der FSC in Hessen?”

Forstökologische und -politische Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten

Anfang Juli 2018:

Im Zuge der FSC-Diskussion in Hessen stellte die SPD Anfang dieser Woche eine ganze Reihe Kleiner Anfragen zu spezifischen Themen der FSC-Zertifizierung und deren Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung in Hessen. Wir haben dies erfreut zur Kenntnis genommen und sind sehr gespant, wie das Ministerium darauf reagiert.

Die Kleinen Anfragen können wir immer über die Website des Landtages herunter geladen werden:

Rückegassenabstände

Flächenstilllegung

Verbrauch von Papier in Verbindung mit FSC

Substitution von wegfallenden Holzhackmengen

Februar 2018:

Hocherfreut verfolgten wir die Debatte im hessischen Landtag zur FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes.Die Videos finden Sie hier. Wir haben dies zum Anlass genommen, verschiedene Politiker im Anschluss und im Bezug auf ihre Stellungnahmen zu kontaktieren. Hierbei handelte es sich um Frau Schott (LINKE), Frau Feldmayer (Grüne), Herrn Schäfer-Gümbel (SPD) sowie Herrn Landau (CDU).

Nachdem wir durch einen Zeitungsartikel im Januar darauf aufmerksam wurden, dass der Rechnungshof in Hessen sich mit der FSC-Debatte beschäftigt (und einem anschließenden Telefonat), verschickten wir am 16.02. die vom Rechnungshof gewünschten Informationen. Hierbei handelt es sich um ein erstes zusammenfassendes Dokument, das einen Großteil unserer Kritikpunkte mindestens grob umfasst. Es steht hier zum Download und gerne auch zur Weiterverbreitung zur Verfügung.

Einige Tage später verschickten wir zudem eine ausführliche Pressemitteilung zur FSC-Diskussion in Hessen an verschiedenste Medienvertreter.

Januar 2018:

Nach langem Warten – und nach einer vorherigen Ankündigung dieses Gutachtens für den August – erschien nun endlich das Gutachten zur FSC-Zertifizierung in Hessen durch die Firma Unique.
Alle Interessierten finden dies entweder auf der Website des Umweltministeriums als auch zum Download hier. Hinter dem ersten Link findet sich auch die ausführliche Stellungnahme des Umweltministeriums zum Gutachten, die wir an anderer Stelle kritisch beleuchten.

Weiterhin haben wir im Januar nach sehr widersprüchlichen Aussagen verschiedener Mitglieder der hessichen SPD und dem Schlingerkurs von Herrn Schäfer-Gümbel an ebenjenen ein weiteres Anschreiben versendet. Die erwähnten Presseartikel finden sich beispielsweise hier oder hier.

Ende November 2017:

… stand das Gutachten von HessenForst endlich zum Download bereit. Allerdings noch immer mit geschwärzten Passagen (laut des Umweltministeriums Hessen zum Schutz von Interna).

Bewertung FSC_Staatswald Hessen

Mitte November 2017:

Im Anschluss an unsere offenen Briefe  nahm Herr Harms an einer Arbeitskreis-Sitzung der SPD in Wiesbaden teil. Als Resultat der Besprechung stellte der Abgeordnete Lotz eine “Kleine Anfrage betreffend externes FSC-Gutachten und Evaluation durch UNIQUE forestry and land use GmbH, Freiburg”. Diese steht hier zur Verfügung.

Oktober/November 2017:

Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verkündete auf Twitter, dass das zweite Gutachten, das Frau Ministerin Hinz in Auftrag gegeben hat, von der Firma UNIQUE aus Freiburg erstellt werden solle.

Eine kurze Internetrecherche zeigte, dass UNIQUE Mitglied der Wirtschaftskammer des „Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V.“ in Freiburg ist. Weiterhin ist nach Auskunft der FSC-Website https://info.fsc.org/certificate.php vom 18.10.2017, 17.22 Uhr dem Betrieb ein Zertifikats-Code (GFA-COC-001162) zugeordnet. Dies nahmen wir zum Anlass, einen offenen Brief sowohl an UNIQUE als auch an den Vorstand des Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e. V., den Geschäftsführer der FSC Global Development GmbH und den den Geschäftsführer FSC International Center gemeinnützige Gesellschaft mbH zu versenden. Auch Frau Hinz erhielt von uns ein weiteres Schreiben.

Wir sind sprachlos, wie tief die Moral der politischen Entscheidungsträger gesunken ist, dass versucht wird, eine negative Beurteilung der FSC-Zertifizierung in HessenForst mit allen Mitteln aus der Öffentlichkeit heraus zu halten. Nicht nur, dass das ursprüngliche Gutachten von HessenForst ist nach wie vor nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Frau Hinz begründet dies – ebenfalls auf Twitter – im Übrigen damit, dass man erst das zweite Gutachten abwarten wolle.

Eine Argumentation, die vor allem deswegen abdurd erscheint, weil die Firma gar nicht anders handeln kann als den FSC positiv zu bewerten, da sie sonst gegen § 4 der Satzung des Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. verstoßen würde (in der Fassung von 2014: „(4) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Satzung und die Beschlüsse der Vereinsorgane zu beachten und den Vereinsinteressen nicht zuwider zu handeln“).

Wir fordern Frau Hinz auch an dieser Stelle Sie daher an dieser Stelle noch einmal mit Nachdruck auf, das erste Gutachten unverzüglich und in vollem Umfang, ohne geschwärzte Passagen, zu veröffentlichen.

Die Schreiben finden Sie hier:

Frau Hinz: FragenAnDenFSC Offener Brief Frau Hinz

Funktionsträger des FSC: FragenAnDenFSC Offener Brief bzgl Firma Unique

Firma Unique: FragenAnDenFSC Offener Brief Firma UNIQUE

Sommer 2017:

Über ein Jahr lang wurde ein internes Gutachten von HessenForst, das den ökologischen und forstwirtschaftlichen Nutzen der FSC-Zertifizierung bezweifelt, unter Verschluss gehalten. Umweltministerin Hinz äußerte, dass man erst ein “externes Gutachten” abwarten wolle, und dass “die ‘Stellungnahme von HessenForst’ lediglich ein Beitrag” zur Diskussion bei. Als Reaktion unsererseits sowohl auf dieses Verhalten als auch auf die Äußerungen der Ministerin wurde am 11.09.2017 ein offener Brief an die Mitglieder des hessischen Landtages verschickt. Das Schreiben finden Sie hier: Fragen An Den FSC_OffenerBrief LT Hessen 2017:

 

Der FSC in Thüringen

Im Zuge der Auseinandersetzung um die FSC- Zertifizierung in Hessen und NRW sind wir nun auch auf zwei Dokumente gestoßen, die die Zertifizierung für Thüringen verheerend verurteilen.

Diese stehen wir immer hier zum Download bereit:

Und für Eilige gibt es hier die Zusammenfassungen in Kürze:

Thüringenforst bestätigt auf voller Linie unsere Kritik, dass der FSC vor allem aus politischem Kalkül zur Wählerklientelbefriedigung und zur Imagesteigerung verwendet wird, jedoch mit massiven Mehrkosten verbunden ist (siehe Zitat weiter unten). ThüringenForst bestätigt:

  1. unsere Bedenken für die Arbeitssicherheit bei 40m-Rückegassenabständen (Folie 24)
  2. dass die Ausweisung von Naturwaldentwicklungsflächen hohe Bilanzwertrelevanz hat (was wir im UNIQUE-Gutachten in Hessen vermisst haben)
  3. dass ein Pestizidverbot im Kalamitätsfall mit gravierenden Mehrkosten verbunden ist (am Beispiel 2014 wurden die Einnahmeverluste auf 2.415.000€ berechnet
  4. dass durch die FSC-Zertifizierung kein wirtschaftlicher Mehrwert für den Staatswald des Landes Thüringen erwartet werden kann (siehe folgendes Zitat):

Die rechtliche Einschätzung des Vorhabens hat ergeben, dass nur per Landtagsbeschluss und nachgeschaltetem Verwaltungsratsbeschluss die Einführung einer FSC-Zertifizierung im Staatswald von ThüringenForst erfolgen kann. Zudem muss eine kostendeckende Finanzierung durch den Eigentümer der ThüringenForst – AöR gewährleistet werden.
Summarisch ergibt sich ein Mehraufwand von rund 3.670.000 € und eine direkte Mindereinnahme von rund 3.615.000 € pro Jahr. (Bilanzverluste durch Biotopbäume/Referenzflächen sind hier nicht eingerechnet)
Zusätzlich kommt ein jährlicher Personalaufwand von ca. 8 Mitarbeitern bzw. ca. 400.000 € im laufenden Betrieb zum derzeitigen Personal hinzu. (zusätzliche Stakeholderbeteiligungen und Dokumentationspflichten noch nicht erfasst)”

Antwort: Kosten und Mehreinnahmen der FSC-Zertifizierung

Die Antwort der Landesregierung unterstreicht unsere Vermutung, dass die von der Landesregierung erwähnten 3.5 Mio € Mehreinnahmen aus dem Unique-Kapitel zur Baumartenzusammensetzung abgeleitet sind.

Durch die Anfrage hinweg zeigt sich deutlich, dass die Strategie, sich auf die (angeblichen) Mehreinnahmen durch Douglasie zu konzentrieren, nur bedingt aufgeht. So ignoriert die Landesregierung beispielsweise sämtliche andere Kostenpunkte, verweist aber beispielsweise bei Frage 4 nach indirekten Kosten auf das Gutachten. Dabei wird großmütig ignoriert, dass ebenjene erwähnten Kapitel zu einer anderen Schlussfolgerung kommen als die Landesregierung.

Auf Frage 5 antwortet die Landesregierung, dass Staatssekretärin Tappeser als Privatperson Mitglied im FSC ist, und sieht hierdurch scheinbar keinen Konflikt gegeben.

Die meisten anderen Fragen sind erstaunlich ausführlich und zum Teil sogar zufriedenstellend beantwortet. Eine Auflistung dieser Antworten wird hochgeladen, sobald diese Arbeitsgruppe die Fertigstellung beendet hat.

Die Kleine Anfrage ist wie immer über die Server der Landesregierung herunter zu laden: http://starweb.hessen.de/cache/DRS/19/3/06723.pdf

“Die Ausbeutung der Urwälder – Kann ein Öko-Siegel die Holzindustrie stoppen?” die arte-Doku und ihre Reaktionen näher betrachtet

 

 

Wie in den Medienberichten richtig betont, bekommt der FSC zum 25. Geburtstag dieses Jahr ein ganz besonderes Geschenk:

Die arte-Doku “Die Ausbeutung der Urwälder – Kann ein Öko-Siegel die Holzindustrie stoppen” wurde in der vergangenen Woche ausgestrahlt und ist verfügbar bis 22.10. in der arte-Mediathek

(danach werden wir diesen Beitrag überarbeiten, sobald wir eine neue Abrufquelle gefunden haben)

Wobei er dieses wohl liebend gerne umtauschen würde. Um bei der Metapher zu bleiben: wir hoffen, der Bon ist in den Dokumenten verloren gegangen, die die zertifizierten Betriebe eben nicht vorlegen müssen. Damit fehlt ihm jegliche rechtliche Grundlage, Einblick zu verlangen. Vielleicht wäre das mal eine Maßnahme, ihn auf die Fehler im eigenen System hinzuweisen.

 

Zum Film:

Anfangs zögerlich, zum Ende hin jedoch deutlich energisch, klar und – unserer Meinung nach – fair und transparent reisen Manfred Ladwig und Thomas Reutter um den Globus um den FSC von allen möglichen Seiten zu beleuchten. Hierbei versuchen sie wiederholt, mit FSC-Vertretern, zertifizierten Firmen und anderen Repräsentanten der Gegenseite in Kontakt zu kommen. Einzig FSC-CEO Kim Carstensen setzt sich vor die Kamera. Und sagt dann doch nichts, was inhaltlich irgendwie verwertbar wäre.

 

Gegendarstellung:

Der FSC äußert in seiner Gegendarstellung seine “Erschütterung” über die “einseitige Darstellung”. Wir fragen uns, welchen Film genau die Autoren dieser Gegendarstellung gesehen haben. Uns ist in jedem Fall positiv aufgefallen, wie häufig die Autoren bemüht waren, die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen – und wie oft sie damit (meist ohne wirkliche Begründung) vor verschlossenen Türen standen!

In Ermangelung der Wahrscheinlichkeit, dass eine Gegendarstellung unsererseits zur Gegendarstellung irgendeinen Effekt hätte, zumal die Fronten klar sind, möchten wir nur so viel anmerken:

  • Zitat aus der FSC-Gegendarstellung: “Wir wollen diese Gelegenheit nutzen, um anhand von Fakten sowie gründlichen Recherchen, unsere Erfahrungen und Positionen zu jedem der Hauptthemen des Films darzulegen.”
    • Wir fragen: wer unterstellt jetzt wem subliminal, nicht gründlich zu recherchieren?
  • Zitat aus der FSC-Gegendarstellung: “Auch wenn wir uns als FSC bewusst sind, dass unsere Arbeit in einigen Bereichen noch weiterentwickelt und verbessert werden muss, sind wir bestürzt darüber, wie schamlos hier Fakten verdreht wurden.”
    • Wir freuen uns sehr über dieses Eingeständnis, und hätten sehr gerne ein paar Beispiele für Fälle, in denen die Arbeit des FSC verbessert wurde. Der aktuelle FSC-Standard für Deutschland, beispielsweise, ist eine noch weicher, unkonkreter, in manchen Vorgaben sogar nicht gesetzeskonform!
      • wir verweisen hierfür auf unsere Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten für die FSC-Zertifizierung des Staatswaldes in Hessen
  • Zitat aus der FSC-Gegendarstellung: “Wir sind entsetzt über den Versuch, FSC mit diesen Aktivitäten in Verbindung zu bringen und lehnen Gewalt, illegalen Holzeinschlag, Missachtung der Menschenrechte und Waldvernichtung kategorisch ab. Derart unethisches Verhalten hat keinen Platz im Rahmen der FSC-Zertifizierung und führt, wenn dies in konkreten Fällen belegt werden kann, zum kompletten Ausschluss dieser Akteure aus dem FSC.”
    • Gegenbeispiel: das Unternehmen Schweighofer, gegen das vom WWF im November 2015 Beschwerde wegen Assoziation mit illegalem Holzeinschlag eingelegt wurde. erst 1,5 Jahre (um Kritik vorzubeugen: 15 Monate) später erst wurde Schweighofer auf “Bewährung” gesetzt, direkt im Anschluss wurden die Konditionen erarbeitet, unter deren Einhaltung Schweighofer weiter im FSC verbleiben darf. Während des gesamten Zeitraumes hat die Schweighofer-Gruppe das Siegel weiter getragen. Ein Ausschluss aus dem FSC scheint nicht einmal erwogen worden zu sein, stattdessen wurde sofort daran gearbeitet, die Firma in der FSC-Familie zu halten.
    • eine Auflistung der gesamten Zeitlinie findet sich (in englischer Sprache) auf der Website des FSC: Link

-> Um es im Zeitalter der Social Media-Kommunikation visuell auszudrücken, weitere Beispiel- Presseberichte:

 

 

 

Unser Fazit:

Dass wir die Dokumentation ausdrücklich begrüßen dürfte aus den vorherigen Zeilen sowie aus unserer vorherigen Arbeit schon deutlich hervorgehen. Trotzdem möchten wir auch hier wieder ausdrücklich die Wichtigkeit der eigenen Meinungbildung betonen. Falls hierfür weitere Informationen oder einfach nur ein Ansprechpartner benötigt werden, stehen wir gerne zur Verfügung!

Abschließend möchten wir den beteiligten Journalisten unseren tiefen Respekt aussprechen. In Anbetracht der Ungerechtigkeit, der (und wir bedienen uns hier bewusst der Wortwahl aus der FSC-Stellungnahme) “Schamlosigkeit” des Vorgehens der angeprangerten Firmen und des teilweise mindestens in Graubereichen agierenden FSCs

(ja, wir haben es gesagt – wir erwarten Ihre Zuschriften und freuen uns auf den Diskurs!)

noch neutral und fair zu bleiben zeugt von fachlichem Können und dem Mut, gegen einen Branchenriesen aufzustehen, sich nicht einschüchtern zu lassen. Neutralität gelingt uns, wie den Texten dieser Website zu entnehmen ist, trotz bester Vorsätze leider nicht immer.

Manchmal überwiegt einfach die Wut über die Machtlosigkeit, einen milliardenschweren Riesen, der sich hinter Prestige und NGO-Unterstützung gemütlich nieder gelassen hat und keinen Grund sieht, sein Verhalten auch nur ansatzweise zu überdenken, wieder und wieder irgendwie in Bewegung kriegen zu wollen.

Wir hoffen, dass Ladwig/Reutter hierzu einen weiteren Beitrag liefern konnten.

Nachtrag:

auch unsere Partner von FSC-watch kommentierten den Film ausführlich. Die englischsprachigen Beiträge finden sich auf deren Website, oder spezifischer genau hier:

In denial: FSC’s response to the ARTE documentary

ARTE Documentary: Logging companies clearcutting Russia’s primary forest and hiding behind the FSC label

ARTE Documentary: FSC-certified destruction of Sweden’s primary forests

ARTE Documentary on Veracel, Brazil: Villagers are being “wiped out by eucalyptus”

What the ARTE Documentary didn’t tell us about IFO’s concession in the Republic of Congo: Massive forest fires, a hydropower dam, and mining concessions

ARTE Documentary: Bozovich and the scandal of “controlled wood” in Peru. FSC is “no guarantee of legality”

ARTE Documentary: IFO has deprived Indigenous People of their livelihoods in the Republic of Congo

ARTE documentary: How FSC fails to address illegal timber from Cambodia being exported from Vietnam with an FSC label

ARTE journalists’ visit to CIB’s concession in the Republic of Congo

deutsche Übersetzungen werden nach uns nach auch bei uns gepostet:

FSC-watch kommentiert die ARTE Dokumentation: Bozovich und der Skandal um “Controlled Wood” in Peru

 

 

NoFSC! – Kaufverhalten

Wir möchten hier  einen Auszug aus unserer Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten als Hintergrundgedanken voran stellen:

Wir erachten es als die primäre Aufgabe der global society unseren Planeten zu schützen. Ärmere Nationen stellen hierbei eine wesentlich weniger große Bedrohung dar, gleichzeitig können sie die zum Teil unberührte Natur nicht wirkungsvoll vor Großkonzernen schützen. Dass der Holzbedarf der westlichen Länder sinkt, ist nicht nur  unwahrscheinlich, sondern in Anbetracht der negativeren Auswirkungen der Alternativen (Glas, Stahl, Beton, Kernenergie, Steinkohle, Erdöl, etc.) nicht wünschenswert. Es würde einem Mindestmaß an Verantwortung entsprechen, so viel wie möglich vor der eigenen Haustür zu wirtschaften und Kulturen, aus denen der Rest importiert wird, mit Respekt zu behandeln. Stattdessen hilft der FSC maßgeblich, dass Länder wie Deutschland sich aus dieser Verantwortung mit gutem Gewissen herausreden können. Industrienationen haben Jahrhunderte lang ärmere, weniger industrialisierte Regionen ausgebeutet, unser heutiges Verhalten steht dem in Nichts nach.

„Es kommt nicht darauf an, den Menschen der Dritten Welt mehr zu geben, sondern ihnen weniger zu stehlen.“ Jean Ziegler

Die letzten Primärwälder dieser Erde abzuholzen ist nicht nur ein verzögert eintretender Suizid, sondern moderner Neokolonialismus und absolut inakzeptabel. Unseren, den deutschen, Hunger mit Primärwald-Holz zu stillen ist nicht nur sozial äußerst fragwürdig, sondern wird uns in letzter Konsequenz auch unsere eigene Lebensgrundlage kosten. Dementsprechend können wir uns die Weltanschauung, die dem FSC zugrunde liegt, schlicht und einfach nicht leisten. Auswirkungen wie zum Beispiel die Vernichtung der Lebensgrundlagen in den ärmsten Ländern zeigen sich in Flüchtlingswellen und einem durchaus gerechtfertigten vermehrtem „Hass auf den Westen“ (Jean Ziegler). Gleichzeitig ist ein Großteil der westlichen Gesellschaften nicht bereit, die Verantwortung hierfür zu übernehmen, und empfindet die ihnen entgegenschlagende Wut und Angst als bedrohlich. Menschlichkeit, Toleranz und Miteinander werden ersetzt durch Misstrauen und Hass.

Diese Darstellung mag pathetisch klingen, und so ist sie teilweise auch gemeint. Wir empfinden dies jedoch als notwendig, da erschreckend wenigen Menschen bewusst ist, dass ohne eine globale Betrachtungsweise, Respekt, Wissenschaft, Wissen, Kommunikation, Bildung und Aufklärung sowie eine auf breit gefächerte Fakten basierende Entscheidungsfindung, in wenigen Generationen niemand mehr auf diesem Planeten leben wird. WWF, Greenpeace, FOE und andere Gründungsväter des FSC haben sowohl in der Aufklärung als auch bei der Etablierung eines Systems, das etwas besser machen sollte, katastrophal versagt; Ihnen scheint bis zum heutigen Tag die Tragweite ihres Handelns nicht bewusst zu sein. Der FSC ist ein völlig ungeeignetes Instrument für Nachhaltigkeit, Klimaschutz, Sozialität und andere, ihm zugeschriebene „Werte“.
Der FSC ist kein Allheilmittel. Er ist ein wesentlicher Bestandteil des Problems.

Dementsprechend empfehlen wir folgendes Kaufverhalten:

 Kein blinder Konsum von FSC-zertifizierten Produkten

Diese Empfehlung mag aufgrund des Tones unserer Texte verwundern. Lassen Sie uns das kurz erklären: Unser generelles Anliegen ist der bewusste Konsum. Dementsprechend empfehlen wir an dieser Stelle auch keinen blinden Boykott des FSC-Siegels, da auch dies nicht das einzige Kriterium für eine Kaufentscheidung sein sollte. Wir möchten stattdessen ans Herz legen, sich darüber zu informieren, wo ein Produkt her kommt, unter welchen Bedingungen es produziert und wie transportier wurde. Darüber hinaus sind grundsätzliche Informationen zu Baumarten und deren Habitatsbedingungen empfehlenswert. Uns ist hierbei bewusst, dass kaum ein Konsument beim Kauf eines Notizblockes die Zeit hat, sich damit auseinander zu setzen. Wir werden uns dementsprechend bemühen, dieses Kapitel unseres Blogs weiter auszubauen. Auch für diese Perspektive müssen wir allerdings nachdrücklich betonen:

Es gibt keine Generalantwort. Ein Minimum an Informiertheit ist unabdingbar, wenn ein verantwortungsvoller Konsum angestrebt wird.

PS: Kritisches Hinterfragen (und das beinhaltet die von uns publizierten Aussagen!) ist elementar, um den Missbrauch von Vertrauen, Betrug, Greenwashing zu verhindern!

 

 

FSC und HessenForst

Ursprünglich standen an dieser Stelle einzelne Artikel über unsere jeweiligen Schritte und aktuelle Veränderungen zur FSC-Diskussion in Hessen. Da diese langsam aber sicher an Übersichtlichkeit zu wünschen ließen finden Sie hier nun eine Zusammenfassung. Auf die entsprechenden Dokumente kann jederzeit über das Dokumentenzentrum, die Links im folgenden Text oder die Menü-Unterpunkte “Kleine Anfragen” und “Offene Briefe” zugegriffen werden.

Bei Fragen und Unklarheiten stehen wir wie üblich jederzeit gerne zur Verfügung.


Oktober 2020:

Der hessische Rechnungshof veröffentlicht seinen Bericht zum Jahr 2019, inklusive einer kritischen Auseinandersetzung mit der FSC-Zertifizierung des hessischen Staatsforstes.

Das Dokument finden Sie hier: Rechnungshof

Unseren Kommentar hierzu finden Sie hier


Oktober 2018:

Im Vorfeld der hessischen Landtagswahl haben wir an die großen zur Wahl stehenden Parteien einen Wahlprüfstein versandt. Dieser findet sich hier. Bereits zwei Tage später antwortete die FDP mit dem folgenden Dokument: Wahlprüfstein, Antwort FDP.

Edit: am 22.10.2018 antwortete uns auch die CDU: Antwort CDU 2018-10-22

Außerdem: Wahlprüfstein

Im Anschluss an die Antwort der Landesregierung zur Kleinen Anfrage des Abgeordneten Lotz in Bezug auf die vom FSC-geforderten weiteren Rückegassenabstände hat die SPD ebendieses Dokument an die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) geschickt.

Die Antwort der SVLFG findet sich hier: Antwort_Lotz_18_10_2018

Hieraus erstmal nur ein kurzes Zitat: “Wir als gesetzlicher Unfallversicherungsträger sehen daher eine durch Zertifikatsvorgaben manifestierte Vorfestlegung bei der Schutzgutabwägung sehr kritisch, da sie nach unserer Meinung dem dem allumfassenden Grundrecht nach Unversehrtheit und dem daraus abzuleitenden Risikominimierungsgebot entgegenstehen.”

September 2018:

Ende September 2018 konnten wir endlich unsere ausführliche Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten verschicken. Sie ist allerdings nicht nur als Kritik am UNIQUE-Gutachten, sondern als generelle Kritik am FSC zu lesen. Sie wurde an mehrere hundert Journalisten, Politiker und an die Abboneten unseres Mailverteilers verschickt. Über Reaktionen und mögliche Presseberichte halten wir wie immer auf dem Laufenden. Das Dokument kann wie immer gerne geteilt werden, für Diskussionen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung!

Die Dokumente finden sich hier:

Pressemitteilung “Scheitert der FSC in Hessen?”

Forstökologische und -politische Stellungnahme zum UNIQUE-Gutachten

Anfang Juli 2018:

Im Zuge der FSC-Diskussion in Hessen stellte die SPD Anfang dieser Woche eine ganze Reihe Kleiner Anfragen zu spezifischen Themen der FSC-Zertifizierung und deren Auswirkungen auf die Waldbewirtschaftung in Hessen. Wir haben dies erfreut zur Kenntnis genommen und sind sehr gespant, wie das Ministerium darauf reagiert.

Die Kleinen Anfragen können wir immer über die Website des Landtages herunter geladen werden:

Rückegassenabstände

Flächenstilllegung

Verbrauch von Papier in Verbindung mit FSC

Substitution von wegfallenden Holzhackmengen

Februar 2018:

Hocherfreut verfolgten wir die Debatte im hessischen Landtag zur FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes.Die Videos finden Sie hier. Wir haben dies zum Anlass genommen, verschiedene Politiker im Anschluss und im Bezug auf ihre Stellungnahmen zu kontaktieren. Hierbei handelte es sich um Frau Schott (LINKE), Frau Feldmayer (Grüne), Herrn Schäfer-Gümbel (SPD) sowie Herrn Landau (CDU).

Nachdem wir durch einen Zeitungsartikel im Januar darauf aufmerksam wurden, dass der Rechnungshof in Hessen sich mit der FSC-Debatte beschäftigt (und einem anschließenden Telefonat), verschickten wir am 16.02. die vom Rechnungshof gewünschten Informationen. Hierbei handelt es sich um ein erstes zusammenfassendes Dokument, das einen Großteil unserer Kritikpunkte mindestens grob umfasst. Es steht hier zum Download und gerne auch zur Weiterverbreitung zur Verfügung.

Einige Tage später verschickten wir zudem eine ausführliche Pressemitteilung zur FSC-Diskussion in Hessen an verschiedenste Medienvertreter.

Januar 2018:

Nach langem Warten – und nach einer vorherigen Ankündigung dieses Gutachtens für den August – erschien nun endlich das Gutachten zur FSC-Zertifizierung in Hessen durch die Firma Unique.
Alle Interessierten finden dies entweder auf der Website des Umweltministeriums als auch zum Download hier. Hinter dem ersten Link findet sich auch die ausführliche Stellungnahme des Umweltministeriums zum Gutachten, die wir an anderer Stelle kritisch beleuchten.

Weiterhin haben wir im Januar nach sehr widersprüchlichen Aussagen verschiedener Mitglieder der hessichen SPD und dem Schlingerkurs von Herrn Schäfer-Gümbel an ebenjenen ein weiteres Anschreiben versendet. Die erwähnten Presseartikel finden sich beispielsweise hier oder hier.

Ende November 2017:

… stand das Gutachten von HessenForst endlich zum Download bereit. Allerdings noch immer mit geschwärzten Passagen (laut des Umweltministeriums Hessen zum Schutz von Interna).

Bewertung FSC_Staatswald Hessen

Mitte November 2017:

Im Anschluss an unsere offenen Briefe  nahm Herr Harms an einer Arbeitskreis-Sitzung der SPD in Wiesbaden teil. Als Resultat der Besprechung stellte der Abgeordnete Lotz eine “Kleine Anfrage betreffend externes FSC-Gutachten und Evaluation durch UNIQUE forestry and land use GmbH, Freiburg”. Diese steht hier zur Verfügung.

Oktober/November 2017:

Das Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verkündete auf Twitter, dass das zweite Gutachten, das Frau Ministerin Hinz in Auftrag gegeben hat, von der Firma UNIQUE aus Freiburg erstellt werden solle.

Eine kurze Internetrecherche zeigte, dass UNIQUE Mitglied der Wirtschaftskammer des „Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V.“ in Freiburg ist. Weiterhin ist nach Auskunft der FSC-Website https://info.fsc.org/certificate.php vom 18.10.2017, 17.22 Uhr dem Betrieb ein Zertifikats-Code (GFA-COC-001162) zugeordnet. Dies nahmen wir zum Anlass, einen offenen Brief sowohl an UNIQUE als auch an den Vorstand des Verein für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e. V., den Geschäftsführer der FSC Global Development GmbH und den den Geschäftsführer FSC International Center gemeinnützige Gesellschaft mbH zu versenden. Auch Frau Hinz erhielt von uns ein weiteres Schreiben.

Wir sind sprachlos, wie tief die Moral der politischen Entscheidungsträger gesunken ist, dass versucht wird, eine negative Beurteilung der FSC-Zertifizierung in HessenForst mit allen Mitteln aus der Öffentlichkeit heraus zu halten. Nicht nur, dass das ursprüngliche Gutachten von HessenForst ist nach wie vor nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. Frau Hinz begründet dies – ebenfalls auf Twitter – im Übrigen damit, dass man erst das zweite Gutachten abwarten wolle.

Eine Argumentation, die vor allem deswegen abdurd erscheint, weil die Firma gar nicht anders handeln kann als den FSC positiv zu bewerten, da sie sonst gegen § 4 der Satzung des Vereins für verantwortungsvolle Waldwirtschaft e.V. verstoßen würde (in der Fassung von 2014: „(4) Die Mitglieder sind verpflichtet, die Satzung und die Beschlüsse der Vereinsorgane zu beachten und den Vereinsinteressen nicht zuwider zu handeln“).

Wir fordern Frau Hinz auch an dieser Stelle Sie daher an dieser Stelle noch einmal mit Nachdruck auf, das erste Gutachten unverzüglich und in vollem Umfang, ohne geschwärzte Passagen, zu veröffentlichen.

Die Schreiben finden Sie hier:

Frau Hinz: FragenAnDenFSC Offener Brief Frau Hinz

Funktionsträger des FSC: FragenAnDenFSC Offener Brief bzgl Firma Unique

Firma Unique: FragenAnDenFSC Offener Brief Firma UNIQUE

Sommer 2017:

Über ein Jahr lang wurde ein internes Gutachten von HessenForst, das den ökologischen und forstwirtschaftlichen Nutzen der FSC-Zertifizierung bezweifelt, unter Verschluss gehalten. Umweltministerin Hinz äußerte, dass man erst ein “externes Gutachten” abwarten wolle, und dass “die ‘Stellungnahme von HessenForst’ lediglich ein Beitrag” zur Diskussion bei. Als Reaktion unsererseits sowohl auf dieses Verhalten als auch auf die Äußerungen der Ministerin wurde am 11.09.2017 ein offener Brief an die Mitglieder des hessischen Landtages verschickt. Das Schreiben finden Sie hier: Fragen An Den FSC_OffenerBrief LT Hessen 2017:

Dokumentenzentrum

Hier finden sich alle in den verschiedenen Kategorien aufgeführten Dokumente noch einmal zum Download. Bei Fragen oder Problemen, ein gewünschtes Dokument zu finden, können Sie uns jederzeit gerne kontaktieren. Das gleiche gilt für Dokumente, die Sie dieser Sammlung gerne zufügen würden.

 

Unsere Kritik in Kapiteln:

Organigramm der FSC- und benachbarter Strukturen

Warenflussdiagram

Sicherheitsrisiko

 

Unserer Auseinandersetzungen zum FSC in Hessen (in chronologischer Reihenfolge):

 

Das Markenrechts-Verfahren FSC vs. eurobinia:

 

Diplom- und Masterarbeiten

leider sind hier aktuell noch keine Dokumente hochgeladen, bei dringendem Bedarf bitten wir um Kontaktaufnahme.

 

Weiterführende Literatur:

Klemens Laschefski: Zertifizierte Tropenhölzer -ein gefährlicher Irrweg Download als PDF

Laschefski: Nachhaltige Entwicklung durch Forstwirtschaft in Amazonien? Zu finden auf dem Dokumentenserver der Uni Heidelberg oder als Dokument als PDF

Beschaffungsregeln der Bundesregierung für Holzprodukte 2011: Gemeinsamer Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten beziehungsweise Begleitende Erklärung zur Beschaffung von Holzprodukten

Mann, Sieber! – Endlich Siegel-Satire im öffentlichen Fernsehen!

In ihrer Sendung vom 15.Mai 2018, und damit kurz vor der Sommerpause, setzte sich die ZDF-Satiresendung “Mann, Sieber!” mit der Siegelproblematik auseinander. Zwar wurde hier vor allem mit dem Marine Stewardship Council aufgeräumt, wir sind jedoch vor allem begeistert, dass endlich eine kritische Auseinandersetzung auch in nicht-Dokumentationsmedien ankommt, und damit unser Anliegen in breiteren Kreisen verbreitet wird. Und das mit hervorragender, treffender Satire! Der gesamte Beitrag ist aktuell noch in der ZDF-Mediathek zu finden, alternativ auch auf YouTube

https://www.youtube.com/watch?v=LV9mOk0XvHo

Unser Antwortschreiben an die Redaktion und die beiden Moderatoren folgt wie immer unter diesem kurzen Artikel, über weitere Entwicklungen halten wir Sie selbstverständlich informiert.

 


Auch die pdf steht wie immer zum Download bereit: Mann, Sieber!


Sehr geehrtes Team von Mann, Sieber!,

mit großer Begeisterung haben wir Ihre Sendung zu Nachhaltigkeit, Siegeln und dem „Hände in Unschuld waschen“ verfolgt. Wir sind eine kleine Gruppe, die sich gegen den Forest Stewardship Council (FSC) engagieren. Unser Ziel hierbei ist eine breitere Aufklärung über Siegel.

Sie haben in Ihrem Beitrag bereits Kritik am MSC geäußert und unserer Meinung nach damit einen wichtigen Beitrag geleistet, die Siegelproblematik endlich in den deutschen Medien zu etablieren. Bisher haben sich nur einige wenige getraut, sich negativ zu äußern, weswegen wir ihre satirische Auseinandersetzung hiermit umso mehr begrüßen. Eine Fortsetzung einer solchen, insbesondere auch satirischen, Aufarbeitung würden wir sehr gerne unterstützen.

In der Orientierung hin zu weniger Plastik (die, verstehen Sie uns nicht falsch, absolut notwendig ist!) wird oft Holz als nachwachsender Rohstoff gelobt. Leider gewinnt hierdurch aber der FSC immer mehr an Macht, denn die Skepsis gegenüber Siegeln wird nur ausgesprochen selten mit vermittelt. Diese ist jedoch zwingend notwendig. Wir wissen nicht, inwieweit Sie sich während Ihrer Recherchen auch mit dem FSC auseinander gesetzt haben, können Ihnen jedoch versichern, dass er mit dem MSC auf einer Ebene agiert. Allerdings haben die Handlungen, die er unter dem Begriff „Naturschutz“ proklamiert, gravierende ökologische Auswirkungen, deutlich gravierender sogar als beim MSC. Lassen Sie uns unsere Kritik nur kurz umreißen:

Der FSC ist ein Unternehmen mit Sitz in Mexiko. Hinzu kommen zahlreiche Tochter- Unternehmen, von denen nur ein kleiner Bruchteil Not for Profit ist. Der FSC ist mitnichten demokratisch. Der Problematik um den Begriff der Nachhaltigkeit ist der FSC sich sehr bewusst. Er nutzt ihn niemals um sich selbst zu beschreiben. Auch die Bezeichnung „Ökosiegel“ negiert er. Trotzdem wird er mit beiden in Verbindung gebracht und in fast jeder Veröffentlichung so betitelt. Wissenschaftlichkeit sucht man im FSC-System vergeblich. Quellen sind, sofern Sie denn angegeben werden (meist verzichtet er auf jegliche Begründung) NGO-nah. Von Glaubwürdigkeit oder von „bestmöglichen Praktiken“ kann hier nicht mehr gesprochen werden.

Im Bundesland Hessen wurde vom Landesforst ein Gutachten zum Nutzen und den entstehenden Kosten durch FSC-Zertifizierung erstellt. Dieses wurde lange Zeit vom (grünen) Umweltministerium unter Verschluss gehalten und ist auch jetzt nur geschwärzt einsehbar. Auch das anschließend bei der Firma UNIQUE forestry and land use GmbH3 in Auftrag gegebene Gegengutachten erzielte nicht das gewünschte positive Ergebnis sondern bestätigte die Schlussfolgerungen von HessenForst AöR. In der anschließenden Stellungnahme wurden diese Fakten jedoch konsequent ignoriert, die von UNIQUE genannten 8 Mio € Mehrkosten mit keinem Wort erwähnt, stattdessen 3.5 Mio Mehreinnahmen aufgeführt, von der an keiner Stelle des Gutachtens die Rede ist. Die (grüne) Politik in Hessen scheint bereit zu sein, den FSC um jeden Preis durch zu setzen, und ignoriert dabei angestrengt alle sachlichen Fakten (allein das ist schon gelebte Satire:

Das vom FSC angestrebte generelle Pestizidverbot beinhaltet größtenteils Posten, die in der BRD ohnehin verboten sind. Auf Fungizide und Herbizide wird in der deutschen Forstwirtschaft schon seit langem verzichtet. Insektizide werden nur zur Abwehr drohender größerer Schäden und Schäden am geernteten Holz mit strengen Restriktionen eingesetzt, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind. Dieses Vorgehen ist im Übrigens auch behördlich vorgeschrieben, bei Einhaltung der FSCRegularien würde bewusst dagegen verstoßen werden müssen. Hintergrund ist, dass es durch den kategorialen Ausschluss der Nutzung im Fall einer Kalamität zu schwersten Schäden am Holz und in naheliegenden Waldbeständen käme, in Hessen würde hierdurch 2018 ein zweistelliger Millionenbetrag vernichtet (Holz, das an anderer Stelle mit z.T. verheerenden ökologischen Folgen wieder eingeschlagen und importiert werden muss). Zudem handelt es sich meist um Kontaktgifte, die nur lokal wirken und schnell abgebaut werden können. Verstehen Sie uns nicht falsch, wir sind generell weder für Dünge- noch für Spritzmittel. In diesem Fall sind sie jedoch das deutlich kleinere Übel. Und die Regelung macht sich spätestens dann lächerlich, wenn man sich von diesem Verbot in Ausnahmefällen gegen eine Gebühr befreien lassen kann. Zum Thema regenerative Energien und damit der Bereitstellung von Strom und Wärme aus Holz-Biomasse wurden ebenfalls wegweisende Entscheidungen getroffen, die vom FSC wieder in Frage gestellt werden. Die „Nährstoffmanagementsysteme“ regeln, bei welchen Böden Nichtderbholz (Holz unter 7cm Durchmesser) aus dem Wald entnommen werden darf und bei welchen nicht; nun sollen diese bewährten Regelungen durch ein generelles Entnahmeverbot ersetzt werden – das ähnliche Probleme durch die Alternativbeschaffung mit sich bringt wie die im Folgenden erwähnte Flächenstilllegung. Auch hier spiegelt der vom FSC suggerierte Zusammenhang zwischen Nährstoffgehalt des Bodens und „Wert“ eines Ökosystemes nicht den aktuellen Forschungsstand wider.

Da Sie in Ihrem Beitrag so viele Zahlen genannt haben, lassen Sie uns das auch tun. Der FSC will 10% der hessischen Waldfläche still legen (also aus der Bewirtschaftung nehmen). Das hat zur Folge, dass aufgrund von weniger ausgereiften Ernte- und Produktionsbedingungen letztendlich in borealen Wäldern 30% mehr Holz eingeschlagen werden muss um die gleiche Endproduktmenge zu produzieren. Dementsprechend werden für die Nichtnutzung von 32.000 ha in Hessen pro Jahr in borealen Wäldern etwa 16.000 ha pro Jahr kahl geschlagen werden. Innerhalb von nur zwei Jahren wird also die in Hessen still gelegte Fläche in borealen Wäldern zerstört. Durch die forstwissenschaftliche Nutzung in Form von großflächigen Kahlschlägen tauen die Permafrostböden auf und setzen große Mengen Methan frei, das im borealen Gürtel bis zu 400mal klimawirksamer ist als CO2. Außerdem werden durch das Kahlschlagsystem ganze Habitate zerstört. Die verbleibenden „Ökosysteme“ sind oft lebensfeindlich. Das so geerntete Holz muss dann wiederum nach Deutschland transportiert werden. Das entspricht jährlich:

· 54.000 t zu transportierende Güter

· Hierfür werden 2.252 LKWs benötigt, hintereinander gestellt entspricht das einer Schlange mit 41km Länge

· Diese müssen eine Distanz von (hypothetischen) 5.000km zurück legen, das entspricht einer Gesamtdistanz von 11.264.000 km

· Hierfür werden etwa 2.279.200 Liter Diesel verbraucht, ein Liter Diesel erzeugt 2.64kg CO2

· Die 2.252 LKWs produzieren also 8.921t (!)CO2

· Hierbei werden jährlich etwa 10 LKWs verbraucht

Dementsprechend ist vollkommen unverständlich, dass auf einer derartigen Zertifizierung beharrt wird. Die einzig nachhaltige Folge der Handlungen des FSC ist die Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes. Völlig unter den Tisch fällt dabei mit sicherer Regelmäßigkeit, dass schon per se durch unsere bestehenden Bundes- und Landeswaldgesetze sowie deren Durchführungsverordnungen die wesentlichen Forderungen der Forstzertifikate (FSC und PEFC) sicher gestellt sind und dort v.a. einer staatlichen Kontrolle unterliegen. Die Einhaltung der vielfältigen Regelungen wird schon alleine durch die zahlreichen begleitenden Gesetzgebungen (Länder wie Bund; Naturschutzgesetzen, Wasserschutzgesetzen, Bodenschutzgesetzen, Emissionsschutzgesetzen etc) sichergestellt. Durch zusätzliche Label und Siegel sind also auch ökologisch keine wesentlichen Verbesserungen zu erwarten.

Sollten Sie weitere Informationen benötigen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie diese Themen in Ihren weiteren Beiträgen weiter aufgreifen würden, damit die deutsche Gesellschaft aufgeklärt und befähigt wird, sich selbst eine kritische Meinung zu bilden.

 

Mit freundlichen Grüßen,

Arbeitsgruppe Fragen an den FSC

Flächenstilllegungen

Der am 01.06.2018 in Kraft getretene FSC-Standard 3.0 fordert:

Naturwaldenwicklungsflächen sind hierbei definiert als:

 

Von direkten menschlichen Eingriffen ungestörte Flächen, die unter besonde­rer Berücksichtigung der Biotopwertigkeit und des Entwicklungspotenzials der Flächen für den Natur- und Artenschutz ausgewählt werden. In den Flächen unterbleiben Nutzungseingriffe außer den erforderlichen jagdlichen Maßnah­men entsprechend Indikator 6.6.1 sowie Verkehrssicherungsmaßnahmen und die Ernte von Saatgut, sofern vergleichbare lokale Herkünfte anderweitig nicht verfügbar sind. Entwicklungs- und Pflegemaßnahmen sind möglich, wenn der Arten- und Biotopschutz dies erforderlich macht. Die Naturwaldentwicklungs­flächen bilden ein Netz aus Quell- und Trittsteinbiotopen, insbesondere für Arten, die auf die Alters- und Zerfallsphasen des Waldes angewiesen sind: Grö­ßere Flächen minimieren Randeffekte und sichern das konstante Vorkommen bedeutsamer Waldstrukturen. Sie dienen als Rückzugs- und Spenderflächen. Kleinere Flächen erfüllen dabei eher Trittsteinfunktionen. Je nach örtlicher Gegebenheit kann auch die Auswahl von Kleinstflächen (> 0,3 ha) zur Sicherung der Habitatkontinuität und zur Vernetzung größerer Flächen sinnvoll sein (z.B. reliktäre Vorkommen von Hutewaldeichen; kleinflächige Sonderbiotope).

 

Das Konzept der Flächenstilllegung/Ausweisung von Referenzflächen erweist sich in mehrfacher Hinsicht als problematisch:

  1. Definitionsunklarheit

Erst einmal ist diese Definition, die hier zugegebenerma­ßen nur sehr verkürzt dargestellt wird, nur schwer erfassbar. So stellt sich beispielsweise die Frage, wie in einem deutschen Wald heutzutage auch nur ein Baum von anthropogenen Einflüs­sen ungestört sein kann. Das reicht von der Tatsache, dass auch diese Flächen von Erholung­suchenden genutzt werden und dementsprechend jedes Gefährdungspotenzial ausgeschlossen werden muss (also eben doch direkt eingegriffen wird), bis hin zu indirekten Einflüssen wie zum Beispiel Luftverschmutzung, Schall und Klima.

  1. Regional-ökologischer Naturschutz vs. globale Nachhaltigkeit

Abgesehen von dieser „philosophischen Problematik“ kritisieren wir, dass der Ausschluss be­stimmter Flächen aus der Bewirtschaftung genau das Gegenteil von dem bewirkt, was der FSC propagiert. Auch wenn man den stillgelegten Flächen einen ökologischen Mehrwert zuspricht (was nicht ansatzweise wissenschaftlich erwiesen ist84), ist dieser „Naturschutz“ sehr lokal gedacht und kann dementsprechend nur eingeschränkt als solcher betrachtet werden. Außer­dem würde ein Unterschied zwischen bewirtschafteten und stillgelegten Flächen frühestens nach Generationen zu beobachten sein. Diese Praxis hat jedoch direkte, gravierende globale Konsequenzen; ein Vielfaches der stillgelegten Fläche wird in borealen Wäldern vernichtet. Insofern handelt es sich zwar um eine lokale Bewirtschaftung, die allerdings in globalem Zu­sammenhang steht:

Der inländische Holzmarkt, der mit der Förderung von Holz als (nachwachsendem, „natürlichen“, „umweltfreundlichen“) Baustoff kontinuierlich wächst, kann auf das Holz von den stillgelegten Flächen nicht verzichten. Schon heute werden nur rund 50%85 des deutschen Verbrauches auch in deutschen Wäldern geschlagen. Durch Ausschluss weiterer lokaler Flächen aus der Nachfra­gebefriedigung müssen nun auch noch die „eingesparten“ Mengen andernorts eingeschlagen werden. Angrenzende Märkte können diesen Bedarf in der Regel nicht decken. Stattdessen wird das Holz also aus Primärwäldern importiert, aus „unberührter“ Natur, die dadurch unwiderruf­lich verloren geht.

Hierzu eine exemplarische Rechnung für den hessischen Staatswald, basierend auf dem Standard 3.0 (da dieser am 01.06.2018 in Kraft trat). Wir erheben keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder Korrektheit dieser Zah­len, möchten sie jedoch nutzen um die Größenordnung und Absurdität der FSC-Rechnung zu verdeutlichen:

    • Der Landesbetrieb HessenForst betreut eine Waldfläche von 341.516 ha, die von einer Flächenstillegung betroffenen 10% entsprechen also ca. 34.000 ha
    • Der jährliche Zuwachs im hessischen Staatswald betrug 2016 ca. 7 m³ je Hektar, die Nutzung 6 m³ je Hektar
    • Das bedeutet einen Jahreseinschlag von insgesamt etwa 2.049.096 m³.86

Im Fall einer Flächenstilllegung wird natürlich auch weniger Holz eingeschlagen – Ersatz da­für muss dann aus anderen Quellen bezogen werden: aus den Wäldern in osteuropäischen Län­dern und schlussendlich vor allem aus borealen Wäldern (für Koniferen).

Für das folgende Beispiel legen wir dies zugrunde:

          In borealen Wäldern…

    • … wachsen pro Jahr und Hektar ca. 1 bis 1,5m³ [1]
    • … stehen 30-40 m³ erntefähiges Holz pro Hektar Holzbodenfläche[2]

           Das heißt…

    • bei einer Flächenstilllegung von 10% entspricht dies einer Fläche von 34.152 ha in den vom Landesbetrieb HessenForst betreuten Wäldern
    • Dies entspricht wiederum einer genutzten Holzmenge von 204.910 m³ bei 6 m³/ha/a
    • Dies entspricht wiederum einer Kahlschlagfläche von 5.579ha im borealen Nadelwald (unterstellt wurden hier 37 m³ erntefähiges Rundholz/ha Holzbodenfläche in Russland).

Zur Vereinfachung der Rechnung werden Parameter wie z.B. unterschiedliche Ernteverluste aufgrund von unterschiedlicher technischer Ausrüstung und deren Anwendung, die die oben genannten Zahlen weiterhin verschärfen würden, nicht berücksichtigt.

Dementsprechend werden für die Nichtnutzung von knapp 34.000 ha in Hessen pro Jahr in borealen Wäldern etwa 5.600 ha kahlgeschlagen. Setzt man diese 5.600 ha in Relation zu den 35.000 ha Stilllegungsfläche, so erkennt man, dass im Laufe von nur 6 Jahren die in Hessen stillgelegte Fläche in borealen Wäldern kahlgeschlagen wird. Im Laufe eines Zertifikatszyklus von 5 Jahren werden 80 % der stillgelegten Fläche (34.000 ha) andernorts vernichtet.

Bei den deutschen Wäldern handelt es sich um Wirtschaftswälder mit nachweislich starkem anthropogenem Einfluss seit der Römerzeit. In den letzten zweitausend Jahren erfuhren diese Wälder eine intensive Nutzung als Roh- und Brennstofflieferant sowie zur Jagd- und Weidenutzung. In dieser Zeit kam es zu einer „Übernutzung“, infolge derer zu Beginn des 18. Jahrhunderts mit der Veröffentlichung der „Sylvicultura oeconomica“ durch Hans Carl von Carlowitz der Nachhaltigkeitsbegriff erstmals verwendet wurde (obwohl dieser nicht der heutigen Definition entspricht). Dementsprechend werden seitdem deutsche Wälder „nachhaltig“ bewirtschaftet. Im Gegensatz dazu sind boreale Wälder noch nie bewirtschaftet worden, meist noch komplett „unberührte Natur“ d. h. echte Primär- oder Urwälder. Grundsätzlich vertreten wir die Ansicht der Enquetekommssion, dass ein Primärwald gar nicht (und erst recht nicht nachhaltig) bewirtschaftet werden kann. Nicht nur weil er hierdurch seinen Status verliert, sondern auch weil die in diesen Gebieten einzig angewendete Exploationsform, der Kahlschlag, die totale Räumung der natürlichen Vegetation auf großen Flächen bedeutet. Neuanpflanzungen sind nur teilweise und nur mit sehr viel Aufwand möglich, haben selbst im Erfolgsfall jedoch nichts mehr mit dem ursprünglichen Wald zu tun, sondern sind bestenfalls eine genetische Wüste, anfällig für Krankheiten und Kalamitäten und ähnliches. Die Auswirkungen von Abholzungen in Primärwäldern werden erst seit wenigen Jahrzehnten erforscht, weswegen über die Konsequenzen nur spekuliert werden kann.

Um in Hessen also „ökologisch positive“ Veränderungen in Wirtschaftswäldern beobachten zu können, wird in anderen Ländern unberührte Natur geopfert – wir können und dürfen dieser Logik nicht folgen. Diese Praktiken haben nichts mit nachhaltigem Handeln zu tun sondern spiegeln im Gegenteil die regio-ökologische Perspektive des FSC wieder.

Neben den oben genannten Zahlen zu den direkten Auswirkungen dieser Einschlagsverlagerung kommen außerdem noch die (hier sehr vereinfacht dargestellten):

 

           Indirekten Folgen der Kahlschlagernte in borealen Wäldern:

    • das Auftauen der Permafrostböden[3]
      • die damit einher gehende Freisetzung von Methan, das in seiner Gesamtwirkung im borealen Gürtel bis zu 400mal klimawirksamer sein kann als CO2 in temperierten Zonen[4]
      • erhöhte Nitrifizierung (Kahlflächenwirkung)
      • den damit einher gehenden Folgen auf den Klimawandel[5]
    • die Zerstörung des Habitats unzähliger Spezies durch die Kahlschläge[6]
    • die (ökologisch gleichwertige) Unmöglichkeit der „Wiederherstellung“ von genutzten Primärwäldern
      • und den damit entstehenden „baumfreien Zonen“
      • und der damit einher gehenden Vernichtung der Lebensgrundlage indigener Völker
    • die verminderte CO2-Bindung, die sich durch das Abholzen der Wälder manifestiert[7] sowie weiteren Folgen, die durch Lagerung und Transport des Holzes entstehen

Daraus ergibt sich folgende Beispielrechnung…

        Beispielrechnung für die vom Landesbetrieb HessenForst betreuten Flächen

    • die oben erwähnten Rohholzmengen entsprechen 89.600m³ fertiger Produkte (gerechnet wurde mit ca. 40 % Ausbeute Hauptprodukt)
    • Diese wiegen etwa 40.500 t (basierend auf einer durchschnittlichen Dichte von ca. 450 kg/m³)
    • …und müssen entsprechend mit 1.690 LKWs transportiert werden[8]
      • Hintereinander gestellt entspricht das einer LKW-Schlange von 31.5km
    • Diese müssen eine für diese Rechnung hypothetisch angenommene Distanz von 5.000km (eine Strecke) zurücklegen
    • Auf alle LKWs betrachtet entspricht das einer Distanz von 8,45 Mio. km
    • Hierfür werden etwa 2.957.000 Liter Diesel verbraucht
    • Ein Liter Diesel erzeugt 2.64kg CO2
    • Allein der Transport nach Europa produziert dementsprechend 7.807t (!) CO2

 

Eine Transporteinsparung in Deutschland muss unserer Meinung nach nicht gegenrechnet werden, da die Distribution im Detail unserer Meinung nach sehr ähnlich ist.

Hinzu kommen der Methanausstoß, Primärenergieaufwand, Infrastrukturmaßnahmen, der Verschleiß an LKWs (jährlich etwa 5[9]), Reifenabrieb[10]… Weiterhin kommt dieses „Ersatzholz“ teilweise aus Gebieten, in denen eine demokratische Politikstruktur nicht gegeben ist. Die Wahrscheinlichkeit, illegales (und damit per Definition nicht nachhaltiges) Holz damit zu importieren ist hoch – auch mit FSC-Zertifikat [11].

Zusammenfassend lässt sich allein anhand der vorstehend näher aufgezeigten Aspekte festhalten, dass die vom FSC geforderte und mit dem UNIQUE-Gutachten empfohlene Flächenstilllegung zu desaströsen ökologischen Folgen im globalen Zusammenhang führen wird.

Demgegenüber unterstellen der FSC und das UNIQUE-Gutachten, das sich mit einer so simplen Maßnahme wie der Flächenstilllegung eine ökologische Wertsteigerung des Systems hervorrufen lasse. Der FSC scheint anzunehmen, dass sich nur durch die Stilllegung ein „Urwald“ entwickelt. Günstigstenfalls ist anzunehmen, dass dem FSC und den Unique-Gutachtern die vorstehend aufgezeigten ökologischen Folgen nicht bekannt sind, schlechtestenfalls, dass diese Folgen einfach ignoriert werden.

 

  1. Das konzeptuelle Problem: potentiell natürliche Vegetation

Zudem ist die Erwartung, dass durch die Stilllegung „der perfekte Wald“ mit einer potentiell natürlichen Vegetation[12] entstehen wird, auch in der Sache nichtzutreffend[13],[14]. Diese Betrachtungsweise lässt sämtliche positiven Aspekte, die durch die Holznutzung entstehen, völlig außer Acht. Beispielsweise steigt in einem Wald, aus dem kein Holz mehr entnommen wird, die Kohlenstoffspeicherung noch eine Weile an, fällt dann aber unter das Niveau während der Holznutzung[15]. Dies ist für einen wirkungsvollen Klimaschutz eine relevante Abwägung.

Weiterhin stellen Studien zu Biodiversität in Frage, ob durch den einfachen Akt der Flächenstilllegung eine „bessere“ oder „schlechtere“ Ökologie auf den betroffenen Flächen entsteht.

 

Unserer Meinung nach sollte die Bewirtschaftung in (selbstverständlich soweit wie möglich „naturnah“ bewirtschafteten) Wirtschaftswäldern vor allem zur Befriedigung der regionalen Nachfrage dienen. Am Bedarf „vorbei“ zu „wirtschaften“, wird sich auf das Warenangebot auswirken. Einen Import aus anderen Weltregionen empfinden wir aus oben genannten Gründen als inakzeptabel. Auch stimmen wir global-politischen Stellungnahmen[16] zu, dass eine Bewirtschaftung von Sekundärwäldern einer holzwirtschaftlichen Nutzung von Primärwäldern vorzuziehen ist. Eine berechtigte Forderung, wenn man nicht nur die zweifelhaften, lokalen „ökologischen Mehrgewinne“, sondern auch die globalen Folgen der Beschaffung der „eingesparten“ Holzmenge aus anderen Regionen betrachtet.

Das heißt keineswegs, dass wir ausschließlich auf regionalen Anbau, Verarbeitung und Nutzung bestehen (auch wenn das sicher wünschenswert wäre), sondern nur, dass wir im Gegensatz zum FSC Deutschland ökologisch-ökonomisch-soziale Faktoren in einen globalen Gesamtkontext einzuordnen versuchen. Nachhaltigkeit bedeutet eben genau das, denn nur so können wir unserer globalen Verantwortung gerecht werden.

 

 

Für weitere Informationen empfehlen wir die folgenden Texte:

Quellen:

[1] „Die Forstwirtschaft Russlands“, AFZ-DerWald 8/2014, S 36 ff

[2] „Die Forstwirtschaft Russlands“, AFZ-DerWald 8/2014, S 36 ff

[3]  Umweltbundesamt, „Klimagefahr durch tauenden Permafrost?“ (2006). Abgerufen über folgenden Link am 05.07.2018L

[4] „Studie: Erdgas ist klimaschädlicher als Kohle“, abgerufen über folgenden Link am 08.08.2018

[5] Venzke J.F., & Langer, M., „Globale Gefahr durch intensive Nutzung der Taiga-Wälder“. Aus: Lozán, J.H., H. Grassel, D. Notz & D. Piepenburg (2014): WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, Seite 335 ff. Abgerufen über folgenden Link am 05.07.2018

[6] Ironischerweise unter anderem belegt durch Greenpeace, „Kahlschlag in der Taiga“, abgerufen über folgenden Link am 05.07.2018

[7]  Venzke J.F., & Langer, M., „Globale Gefahr durch intensive Nutzung der Taiga-Wälder“. Aus: Lozán, J.H., H. Grassel, D. Notz & D. Piepenburg (2014): WARNSIGNAL KLIMA: Die Polarregionen. Wissenschaftliche Auswertungen, Hamburg, Seite 335 ff. Abgerufen über folgenden Link am 05.07.2018

[8] Zur Vereinfachung dieser Rechnung gehen wir von einem reinen LKW-Transport aus, obwohl geringere Teile und/oder Streckenabschnitte auch per Bahn zurückgelegt werden können.

[9] Unter diesen Belastungen hält ein LKW unserer Erfahrung nach etwa 1 bis 1,5 Mio km [10] 12 Reifen per LKW entspricht 112,64 Reifensätzen, entspricht 1.251,68 Reifen die für die oben genannte Strecke verschlissen werden
[11] Erstes Deutschen Fernsehen, „Das schmutzige Geschäft mit der Grillkohle“, vom 03.07.2018, abrufbar über folgenden Link
[12] Das Konzept geht davon aus, dass der Wald sich durch „Nichteinmischung“ des Menschen zu einem Ursprungszustand zurück entwickelt, es ist allerdings stark umstritten
[13] Zerbe, St. “Stellt die potentielle natürliche Vegetation (PNV) eine sinnvolle Zielvorstellung für den naturnahen Waldbau dar?”, Forstwissenschaftliches Centralblatt 116.1-6 (1997): 1-15.
[14] Leuschner, Christoph. “Das Konzept der potentiellen natürlichen Vegetation (PNV): Schwachstellen und Entwicklungsperspektiven.” Flora 192.4 (1997): 379-391. Abgerufen über folgenden Link am 05.07.2018
[15]             „Waldvision Deutschland“ – Orientierung oder Irrweg für eine nachhaltige  multifunktionale Forstwirtschaft? Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates Waldpolitik zur Studie „Waldvision Deutschland des Öko-Instituts e.V. von Greenpeace e.V. [16]             Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, „Charta für Holz 2.0“, sowie united Nations Forum on Forests, “Nations Strategic Plan for Forests 2017-2020

Pressemitteilung zur FSC-Debatte in Hessen

Sowohl über die offenen Briefe an Frau Feldmayer (Grüne), Frau Schott (Linke), Herrn Landau (CDU) und Herrn Schäfer-Gümbel (SPD) als auch über unser Schreiben an den Rechnungshof wollten wir nach mehreren Monaten der Öffentlichkeitsarbeit in Hessen auch die Presse informieren. Hierzu verschickten wir das unten stehende Anschreiben mit der Ausführlichen Pressemitteilung im Anhang.

Diese finden Sie hier: PM Druckversion

 


 

Sehr geehrte Damen und Herren,

In der letzten Woche haben wir verschiedene offene Briefe verschickt, in denen wir Frau Hinz sowie ihrer Staatssekretärin Frau Tappeser Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme sowie bewusste Falschaussagen im Zusammenhang mit der FSC-Zertifizierung für den hessischen Staatswald  vorwerfen.

Im Sommer letzten Jahres wurde bekannt, dass die Ministerin die „Vergleichende ökonomische und ökologische Bewertung der schrittweisen FSC Zertifizierung im Hessischen Staatswald“ durch HessenForst AöR fast 1,5 Jahre lang unter Verschluss gehalten hat. Auf massiven Druck der Öffentlichkeit wurde schließlich eine geschwärzte Version veröffentlicht die ein vernichtendes Urteil über den FSC fällt:

„Betrachtet man die drei Säulen der Nachhaltigkeit sind zum jetzigen Zeitpunkt keine signifikanten Verbesserungen durch die FSC Zertifizierung erkennbar. Demgegenüber stehen finanzielle und volkswirtschaftlich langfristig spürbare negative Effekte.“

Im Januar wurde ein externes Gegengutachten veröffentlicht – diesmal ohne geschwärzte Passagen. UNIQUE, die hiermit beauftragte Firma, ist selbst Mitglied im FSC. Trotzdem bestätigt auch dieses Gutachten, dass die FSC-Zertifizierung keinen ökologischen, ökonomischen oder sozialen Vorteil für den hessischen Staatswald bedeuten würde. Diese Tatsache wurde in der Pressemitteilung des Umweltministeriums bezüglich des UNIQUE-Gutachtens sowie in der Rede der forstpolitischen Sprecherin der GRÜNEN Frau Feldmayer im Landtag, konsequent ignoriert.

Statt aufgrund der zweifachen negativen Beurteilung von den Zertifizierungsbestrebungen abzuweichen oder diese zumindest intern zu prüfen, beharrt die Partei weiterhin darauf, dass der FSC einen „wichtigen Beitrag leisten [wird], den Hessischen Staatswald in ökologischer Sicht nochmals deutlich aufzuwerten“. Zudem sollen zusätzliche „3.5 Millionen Euro im Jahr“ an Mehreinnahmen generiert werden.

Beide Aussagen sind weder im Gutachten zu finden, noch entsprechen sie der Wahrheit. Tatsächlich ist das Gegenteil der Fall – durch die Zertifizierung werden laut Gutachten 8 bis 11 Millionen Euro weniger eingenommen werden. Entnehmen Sie weitere Informationen hierzu auch unserem ausführlichen Schreiben an den Rechnungshof.

Die Dreistigkeit, mit der fundierte Fakten zugunsten der wirtschaftlichen Interessen des FSC verdreht werden, macht uns sprachlos. Leider ist dies jedoch kein Einzelfall sondern im FSC-„System“ gängige Praxis. Eine Prüfung, inwieweit das bisherige Verhalten rechtswidrig war, obliegt anderen Instanzen, dass es falsch war, steht unserer Meinung nach außer Frage. Inwieweit Frau Hinz hierdurch Steuergelder verschwendet hat, wird nun vom Rechnungshof geprüft.

Frau Hinz oder andere Politiker der Grünen oder des Koalitionspartners sind nicht bereit, sich mit der Problematik – und unserem Anliegen – auseinander zu setzen. Wir werfen Frau Hinz vor, Ihr Amt zu missbrauchen, um ein Projekt durchzupressen, das extrem teuer ist und einzig FSC-Interessen dient. Ein Nutzen für Wald und Wähler*innen besteht explizit nicht. Wir fordern Frau Hinz deshalb nachdrücklich auf, sich der Diskussion zu stellen und ihre Falschaussagen zur FSC-Zertifizierung umgehend klarzustellen, bzw. von der geplanten Zertifizierung abzusehen.

Für Nachfragen oder die Bereitstellung weiterführender Informationen stehen wir wie immer jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,

Arbeitsgruppe FadFSC

 

 

Nichtderbholznutzung

Zur Nichtderbholznutzung schreibt der FSC vor:

Was ist Nichtderbholz?

Nicht alle Teile des Baumes können nach der Ernte gleichermaßen holzwirtschaftlich verwertet werden. Aus dem Wald heraus transportiert und verarbeitet wird nur das sogenannte Derbholz, also oberirdische Holzmasse mit einem Zopfdurchmesser von mindestens 7cm (Durchmesser inklusive Rinde). Das, was verbleibt, sind Waldrestholz und Nichtderbholz das zumeist aus Kronenmaterial besteht. Dieses wird aktuell zum Beispiel für die Energiegewinnung in Biomasse (heiz)kraftwerken verwendet. Der Landesbetrieb HessenForst hat die Rohholznutzung in einer Präsentation auf dem Kulturholzforum Wiesbaden 2013 21 veranschaulicht:

Unsere Kritik an oben genannter Vorgabe ist der an Pestiziden, Flächenstilllegungen usw. sehr ähnlich:

Die Annahme von großer Innovation obwohl die FSC-Regelungen den gesetzlichen Vorgaben nicht überlegen sind

Für uns ist vollkommen unverständlich, wie zwar einerseits immer wieder eingeräumt wird, dass bereits staatliche Regelungen für eine vorsichtige, jedoch eben nicht gänzlich untersagte Entnahme von Nichtderbholz aus dem Wald bestehen (gemeint sind hier die „Nährstoffmanagementsysteme“[1]), dem FSC aber trotzdem die Allheilfunktion zugesprochen wird. Und dies, wieder, mit einer Argumentation, die einen unserer vehementesten Kritikpunkte unterstreicht:

Die fehlende wissenschaftliche Basis

Die grundsätzliche Argumentation des “Nichtderbholznutzungsverbotes” beruft sich auf die Argumentation, dass hierdurch dem Ökosystem Nährstoffe zugeführt werden, wodurch mehr Lebensräume geschaffen werden und die Biodiversität gefördert wird. Dementsprechend versprechen verschiedene Quellen immer wieder davon, dass nur ein gänzliches Verbot der Nichtderbholznutzung eine „ökologische Aufwertung“ [3] darstellt. Wir müssen dem deutlich widersprechen.

Auch devastierte Waldböden aus Weidennutzung und Plaggenhau [4] stellen eigene Biotope mit entsprechender Flora und Fauna dar. Gleichzeitig ist die Biodiversität in solchen nährstoffarmem Ökosystemen oft höher als in Ökosystemen mit hohem Nährstoffgehalt. Die Ursache liegt in der Vielzahl an Nischenhabitaten, die hochspezialisierten Spezies in nährstoffarmen Ökosystemen einen Lebensraum bieten, aus dem sie in nährstoffreichen Ökosystemen durch andere Spezies verdrängt werden würden. Dies ist beispielsweise gezeigt von [5];im Fall eines ausgeglichenen Nährstoffangebotes können sich weniger Arten einfinden. Die Studienlage deutet also darauf hin, dass – sofern ein linearer Zusammenhang überhaupt gezogen werden könnte, die Biodiversität eher von einem nährstoffarmen Ökosystem profitiert.

Übersimplifizierung

Angenommen, es könnte tatsächlich von einem ökologischen Mehrwert des Nichtderbholz-Nutzungsverbotes für den direkten Standort gesprochen werden. Dann bleibt das Problem, dass die oft angenommene Trennung von Derbholz und Nichtderbholz wirtschaftlich nicht darstellbar, da sie manuell vorgenommen werden muss und dementsprechend zeitintensiv und teuer ist. Tatsächlich verbleibt die gesamte Krone inklusive wesentlicher Anteile an Derbholz (ca. 20–30% des Baumes) im Bestand. Die im Bestand verbleibenden Laubholzkronen erschweren außerdem die Zugänglichkeit und erhöhen das Unfallrisiko für die Waldarbeiter im erheblichen Maße (Fällung → Rückweiche, Pflegearbeiten, etc.).

Abgesehen davon, dass der FSC-Standard hiermit gegen gängiges Arbeitsrecht verstößt, zeigt nur diese kurze Betrachtung bereits, dass die Übersimplifizierung der FSC-Standards nur wenig mit forstwissenschaftlicher Praxis zu tun haben. Wie sollen sie dieser dann jemals gerecht werden? Wie könnten sie sie jemals verbessern?

Regio-ökologische Phrasen statt globaler, ganzheitlicher Betrachtung

Wenn dem FSC unterstellt wird, er sei ein „Nachhaltigkeitszertifikat“ (was er übrigens von sich selbst gar nicht behauptet), dann ist dies gleich in mehreren Hinsichten falsch. Wie oben bereits erläutert sind die FSC-Richtlinien nicht angemessen, die Gesundheit und das langfristige Bestehen eines Ökosystemes zu sichern – und damit regional, ökologisch nicht „nachhaltig“. Weiterhin lässt der FSC hier sämtliche globale Perspektiven außer Acht. Wenn die lokalen, regenerativen Ressourcen (Biomasse, Waldrestholz) nicht genutzt werden können, so muss wiederum importiert, oder schlimmer noch, substituiert werden. Letzteres ist aufgrund der niedrigen Preise fossiler Brennstoffe die Regel. Im Klartext heißt das, dass regionale nachwachsende Energieträger durch fossile importierte Energieträger ersetzt werden – mit allen damit einhergehenden negativen Folgen für das Klima.

Wir möchten dies an einer kurzen Rechnung für den hessischen Staatswald verdeutlichen:

HessenForst betreut etwa 340.000 ha Staatswald. Unter Berücksichtigung der Trophie und basierend auf dem in Hessen angewendeten Nährstoffmanagementsystemen, ungefähr 20 % von 1,8 Efm / ha / a × 340.000 ha × 0,2 = 122.000 Efm /a für die klimabilanzneutrale Energiegewinnung aus Hackholz verfügbar. Mit der FSC-Forderung nach einem Verzicht auf Nichtderbholznutzung werden stattdessen fossile Brennstoffe, die eben nicht klimaneutral sind, für die Energiegewinnung herangezogen – 610.000 t im Jahr.

Diese alternative Nutzung fossiler Brennstoffe ist sicherlich weder von den FSC-stakeholdern noch von Entscheidungsträgern beabsichtigt, wurde und wird allerdings auch nie in einen Zusammenhang mit den FSC-Forderungen diskutiert. Auch hierfür bemängeln wir also, dass die Diskussion viel zu oberflächlich und simplifiziert bleibt.

Der Anspruch der Allwissenheit und besten Praxis

Wer den FSC-Standard und einige Aussagen von FSC-Funktionären liest könnte auf die Idee kommen, dass ohne FSC sämtliches Nichtderbholz immer konsequent aus dem Wald entnommen wird. Dies entspricht jedoch keinesfalls den Tatsachen. Ein Teil der gefällten Biomasse bleibt immer im Bestand zurück. Dementsprechend ist es auch unzulässig, für den Vergleich zwischen den FSC-Vorgaben und der bisherigen Praxis 0% und 100% Nichtderbholznutzung miteinander zu vergleichen.

Wir sind betroffen, dass unter anderem mit dem konsequenten Verbot der Nichtderbholznutzung den Förstern unterstellt wird, ihren eigenen Wald nicht angemessen zu bewirtschaften. Es ist im Interesse jedes Waldbesitzers/-bewirtschafters, ihn so zu bewirtschaften, dass er langfristig gesund und ertragreich bleibt. Dies gilt insbesondere für den Boden, denn der Waldboden stellt neben den klimatischen Bedingungen die wichtigste Produktionsgrundlage dar und im Gegensatz zu landwirtschaftlichen Flächen erfolgt im Wald keinerlei kompensierende Einflussnahme in Form von Düngung. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass wirklich nur das entnommen wird, was „entbehrbar“ ist. Der FSC scheint zu unterstellen, dass Waldbesitzer, unabhängig von der Besitzart, ausschließlich ihren finanziellen Erlös im Sinn haben und deshalb den Wald kategorisch zugrunde richten würden.

Wir empfinden diese Haltung nicht nur als unangemessen arrogant, sondern möchten auch darauf hinweisen, dass selbst bei einem rein finanziellen Interesse die Waldbesitzer immer bestrebt wären, eine möglichst langfristige, möglichst Gewinn bringende Waldwirtschaft anzustreben. Eine komplette Nichtderbholzentfernung wäre dementsprechend absolut unsinnig wäre, da sich der Waldbesitzer so seiner Produktionsgrundlage berauben würde. Das mag vereinzelt der Fall sein, trifft jedoch für die Gesamtbreite der Forstämter und Waldbesitzer nicht zu.

Fazit

Sowohl mit ihrem Verständnis vom Ökologie und Nachhaltigkeit, ihrem mangelnden Fachwissen und der Annahme der Unfehlbarkeit der eigenen Vorgaben sind die FSC-Standards auch zum Thema Nichtderbholznutzung nicht geeignet, eine verantwortungsvolle Waldpraxis in Deutschland zu gewährleisten. Sie stellen im Gegenteil eine Bedrohung für einen zukunftsorientierte, global-holistisch gedachte deutsche Waldwirtschaft dar.

Quellen

[1]   Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V.:  „Forsttechnische Informationen Sonderausgabe 1: Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der Deutschen Forstwirtschaft“ (2016), S. 33 ff

[2]   Kuratorium für Waldarbeit und Forsttechnik e.V.:  „Forsttechnische Informationen Sonderausgabe 1: Nachhaltigkeit und Umweltschutz in der Deutschen Forstwirtschaft“ (2016), S. 33 ff

[3]  UNIQUE-Gutachten zur FSC-Zertifizierung des hessischen Staatswaldes, Kapitel „Verzicht auf Nichtderbholznutzung“, Seite 35

[4] Landesamt für Umweltschutz. „Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt“, 51. Jahrgang (2014), Kapitel „Geschützte und gefährdete Pflanzen, Tiere und Landschaften des Landes Sachsen-Anhalt“, Seite 4

[5] Reichholf, Josef H. “Stabile Ungleichgewichte. Die Ökologie der Zukunft.” (2008).

Offener Brief an Herrn Landau (CDU) im Anschluss an die FSC-Diskussion im hessischen Landtag

Unsere Reaktion auf die Rede von Herrn Schott (CDU) im hessischen Landtag.

Als pdf: Offener Brief Herr Landau

Die Rede als Video findet sich auf der Website der hessenschau.

 

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Sehr geehrter Herr Landau,

mit Interesse haben wir die Diskussion um die FSC-Zertifizierung für den hessischen Landesforst verfolgt. Zuerst einmal möchten wir Ihre Rede insofern loben, als dass sie im Verhältnis zu denen Ihrer Koalitionspartner verhältnismäßig viele Sachverhalte korrekt dargestellt haben.

Leider müssen wir Sie trotzdem an einigen Stellen berichtigen.

So loben Sie die Mitarbeiter von HessenForst als „gut ausgebildet und leistungsfähig“ und bedanken sich für die „wissenschaftliche Bewertung“ – wenn auch seitens des Umweltministerium diese nur mit Widerwillen öffentlich zugänglich gemacht wurde. Gleichzeitig handeln Sie jedoch bewusst gegen die Empfehlung dieser Mitarbeiter, die sich explizit gegen die Zertifizierung ausgesprochen hatten. Statt sich also wirklich zu bedanken entmündigen Sie die Landesbediensteten, sprechen Ihnen die Fähigkeit ab, die Zukunft des Landesforstes mitbestimmen zu können. Zumal die FSC-Zertifizierung für viele von Ihnen den Verlust der Arbeitsplätze bedeutet[1] und für andere damit eine signifikante Erhöhung des Risikos von Arbeitsunfällen einher geht[2]; da können Sie noch so viele Kompensationen in Aussicht stellen. Eine Handlung, die nach Aussage Ihres Koalitionspartners ja angeblich gar nicht nötig ist, wie sowohl Frau Feldmayer als auch Frau Hinz versichern. Dass mit einer solchen Dreistigkeit wissenschaftliche Ausführungen eines Gutachtens verdreht werden, macht uns nahezu sprachlos. Lassen Sie uns kurz aufklären: Tatsächlich geht das UNIQUE-Gutachten von lokalen Kosten von 8 bis 11 Millionen Euro aus. Eine Position der Gesamtrechnung sind hierbei 3.29 Millionen Euro Mehreinnahmen durch die Bewirtschaftung jeder zweiten Rückegasse[3]. Diese Summe kann jedoch erst fließen, wenn der Bestand in den natürlich längst angelegten Rückegassen nachgewachsen ist, was in frühestens 50 Jahren der Fall wäre. Ferner veranschlagt UNIQUE rund 1.21 Millionen Euro

Mehrkosten für die Bewirtschaftung mit weniger Rückegassen pro Jahr[4]. Darüber hinaus müssten die „zuvielen“ Rückegassen erst zurückgebaut werden um sie entsprechend bepflanzen zu können, dieser nicht unerheblich kostenverursachende Umstand ist erst gar nicht eingepreist.

Dabei handelt es sich aber gar nicht um die Summe, auf die Frau Feldmayer und Frau Hinz sich beziehen. Diese soll durch Mehreinnahmen durch Douglasienholz entstehen. Ein Punkt, der im gesamten Gutachten gar nicht zu finden ist. Außerdem wird auch hierbei unterschlagen, dass diese Einnahmen in frühestens 50 Jahren zu Buche schlagen werden. Und wenn, so kann OHNE FSC mehr Douglasie angepflanzt werden als MIT; eine Vortäuschung von Mehreinnahmen ist hier also nicht nur mangelhaft recherchiert sondern auch stümperhaft durchgeführt worden.

Wir dürfen Sie zitieren: „Uns als CDU ist wichtig, dass der Wald in Hessen nach höchsten Standards nachhaltig und umweltschonend bewirtschaftet wird, weil er als unser Erbe für künftige Generationen erhalten bleiben soll und weil er viele Funktionen für die Umwelt, die Artenvielfalt, den Klimaschutz, den Wasserhaushalt – aber eben auch als Erholungsraum für die Menschen.“ Da Sie sich ja bereits seit 25 Jahren in der CDU engagieren sollte Ihnen eigentlich bewusst sein, dass diese „höchsten Standards“ schon seit Jahrzehnten im Bundeswaldgesetz sowie in den Landeswaldgesetzen verankert sind. Das, was der FSC für sich selbst in Anspruch nimmt, nämlich „umweltgerechte, wirtschaftlich tragfähige und sozial förderliche“[5] Waldwirtschaft, also längst festgelegt und in weiten Teilen auch umgesetzt wurde. Abgesehen davon ist der FSC das denkbar ungeeignetste Mittel, um die Bewirtschaftung der hessischen Wälder nachhaltiger zu gestalten. Er garantiert entgegen gängiger Meinung mitnichten die Nachhaltigkeit eines Produktes respektive einer Bewirtschaftungsform. Auch ist er, übrigens nach eigener Aussage, kein Ökosiegel[6]. Seine Forderungen sind rein plakativ, populistisch und undifferenziert. Wenn Sie sich zum Beispiel mit dem Thema Rückegassenabstände wirklich auseinandersetzen, werden Sie schnell erkennen, das die pauschale Forderung des FSC, diese auf 40 m auszuweiten, jeder fachlichen Basis entbehrt.

Das Geschenk, das Sie Ihrem Koalitionspartner da machen, bringt keinen Vorteil für irgendwen (außer den FSC selbst, natürlich) – aber es wird uns alle etwas kosten. Und damit meinen wir längst nicht nur die sowohl in der Bewertung von HessenForst als auch im Gutachten von UNIQUE veranschlagten 8 bis 11 Millionen Euro und die Folgen für die Mitarbeiter von HessenForst. Auch die Umwelt wird unter FSC mehr in Mitleidenschaft gezogen als ohne – wie beispielsweise durch die weiteren Rückegassenabstände[7] oder auch durch Flächenstilllegungen. Ihre Aussagen, dass „Bodenschutz durch weniger Rückegassen“ erreicht werden könne, ist im Übrigen grundlegend falsch[8].

Natürlich muss man für die Kalkulation der tatsächlichen Kosten solcher Forderungen eine globale Betrachtungsweise an- – und globale Verantwortung übernehmen. Aber das sollte ja für eine regierende Partei selbstverständlich sein. Eigentlich müssten Sie bei der Lektüre unserer bisherigen offenen Briefe an Ihre Kollegen verschiedener Parteien[9][10][11][12] bereits hierauf gestoßen sein. Da Sie diese trotzdem weiterhin ignorieren fordern wir Sie dringend auf, als CDU Hessen hierzu Stellung zu nehmen.

Noch mehr hat uns schockiert, dass Sie annehmen, dass Ihre Mitwirkung in den „Steuerungskreisen des FSC“ eine gute Idee sei. Eine solche Einmischung von fachfremden, politischen Interessen ist einer der großen Kritikpunkte am System FSC! Denn so werden statt Umweltschutzinteressen immer auch politische Abwägungen im Mittelpunkt stehen, die an dieser Stelle keinen Platz haben! Auch das „der neue FSC-Standard […] nicht vorschreibt, dass wir vollständig alle FSC-Standards erfüllen müssen, sondern dass wir uns hier in einen kontinuierlichen Prozess begeben“ ist schlicht falsch. Dass Ihnen der FSC gelegen kommt,

damit Sie keine neue Richtlinie für die Bewirtschaftung im Staatsforst oder der Biodiversitätsstrategie der Bundesregierung entwickeln müssen, ist, ehrlich gesagt, eine lahme Ausrede. Sie können die Zukunft des hessischen Waldes, des „Erholungsraumes“, den Sie so preisen, nicht einfach an einen Multimillionen Euro schweren Konzern mit Sitz in Mexiko abgeben, der sich jeder Kontrolle entzieht. Erwarten Sie wirklich, dass das keine Konsequenzen nach sich zieht? Sicher, die NGOs, die massiv vom FSC profitieren werden Sie hierfür öffentlichkeitswirksam loben. Aber kann das wirklich Ihr Ziel sein?

Wo bleibt Ihre Verantwortung für Ihr Land und künftige Generationen, die Sie durch die Annahme der Regierungsführung übernommen haben?

Für weitere Informationen und Diskussionen stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung. Die bisherigen offenen Briefe sowie Hintergrundinformationen finden Sie auf unserem Blog www.fragen-an-den-fsc.de .

 

Mit freundlichen Grüßen,
Arbeitsgruppe FadFSC

 

 

[1] Ihre Kollegin Frau Knell hat das auf 500 Arbeitsplätze hoch gerechnet, in der Regel ergeben sich aus 1000m³3 Waldholz ein Arbeitsplatz.

[2] https://www.forstpraxis.de/klugmann_arbeitssicherheit_og/, abgerufen am 05.02.2017 um 15:17 Uhr

[3] https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/2018-01-18_abschlussbericht
_fsc_hessen_unique.pdf, Seite 73 mittig

[4] https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/2018-01- 18_abschlussbericht_fsc_hessen_unique.pdf, Seite 74 unten

[5] http://www.fsc-deutschland.de/de-de, abgerufen am 05.02.2017 um 15:17 Uhr

[6] https://www.regenwald.org/pressemitteilungen/4475/fsc-ist-kein-oekolabel,
abgerufen am 06.02.2018 um 15:08 Uhr

[7] http://www.fragen-an-den-fsc.de/?p=1051

[8] http://www.fragen-an-den-fsc.de/?p=1051

[9] http://www.fragen-an-den-fsc.de/wp-content/uploads/2018/02/Anschreiben-Sch
%C3%A4fer-G%C3%BCmbel.pdf

[10] http://www.fragen-an-den-fsc.de/wp-content/uploads/2018/02/Offener-Brief-Frau-
Feldmayer.pdf

[11] http://www.fragen-an-den-fsc.de/wp-content/uploads/2017/09/Fragen-An-Den-
FSC_OffenerBrief-LT-Hessen.pdf

[12] http://www.fragen-an-den-fsc.de/wp-content/uploads/2018/02/Offener-Brief-Frau-
Schott.pdf

Rückegassenabstände

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Slideshow: Beispiele für Rückegassen

Hintergrund

Um überhaupt irgendeine Arbeit im Wald verrichten zu können, muss man erst einmal an ihn heran kommen, d. h. man braucht einen Weg. Üblicherweise ist es jedoch mit einem Weg nicht getan. Letztendlich ist der bewirtschaftete Wald von einem Wegenetz durchzogen welches der Fachmann als Erschließung bezeichnet. Diese Erschließung besteht i. d. R. aus zwei Teilen. Erstens aus dem mit Lkws befahrbaren Wegenetz (Groberschließung) über welches der Transport von Geräten, Maschinen, Material und Menschen, etc. in den Wald sowie die Holzabfuhr aus dem Wald erfolgt. Und zweitens aus dem Rückegassensystem (Feinerschließung) über welches das Holz aus dem Bestand an den Waldweg gebracht wird. Während ein Lkw-befahrbarer Weg eine echte Wegebaumaßnahme darstellt und befestigt ist, sind Rückegassen einzig baumfreie Trassen in den Beständen, ohne jegliche bauliche Veränderung des Untergrundes. Im Mittelgebirge gibt es noch eine dritte Variante, den sogenannten Maschinenweg. Dieser stellt quasi eine Art „Zwischenvariante“ dar, denn hier sind nicht nur die Bäume entfernt und die Stöcke gerodet sondern der Weg ist auch geschoben und verdichtet – nicht aber befestigt. Letzterer wird zumeist in steilem Gelände eingebracht, da der Tragschlepper (Forwarder) Einsatz i. d. R. nur bis max. 30 % Gefälle durchgeführt werden sollte.

FSC-Vorgaben

Die Vorgabe zu Rückegassenabständen aus dem aktuellen FSC-Standard lautet wie folgt:

Kritik

Unsere Kritik bezieht sich, ähnlich wie bei den anderen Themen dieser Kategorie, auf folgende Punkte:

  1. Inkonsistenz der FSC-Aussagen; keine klare Richtlinie
  2. Mangel einer wissenschaftlichen Basis
  3. Mangel an Kenntnissen der aktuellen fachlichen Praxis
  4. Widerspruch zu deutschen Gesetzen
  5. Exklusive regio-ökologische Betrachtungsweise

Inkonsistenz der FSC-Aussagen

Vor der Auseinandersetzung mit inhaltlichen Aspekten dieses Themas kritisieren wir, dass der FSC selbst widersprüchliche Angaben zu Rückegassenabständen macht, beziehungsweise seine im Standard drastisch ausgelegten Forderungen beispielsweise in Leitfäden oder Aktualisierungen der Standards abschwächt. Zuerst möchten wir auf die Inkonsistenz der verschiedenen Standards eingehen. So schreibt der FSC Standard 2.3 beispielsweise vor:

„Für  die  bestandes-  und   bodenschonende  Ernte und Bringung des Holzes ist ein dauerhaftes, gelände-  und  bestandesangepasstes  Feinerschließungssystem  angelegt.  Der  Forstbetrieb  strebt dabei  einen  Rückegassenabstand  von  40  m  an. Davon notwendige Abweichungen sind vom Forstbetrieb  fachlich  nachvollziehbar  als  Ausnahme zu begründen. Ein Gassenabstand unter 20 m ist ausgeschlossen“ [1]

Hierzu eine kurze Beispielrechnung. Bei einer Breite von 4m pro Rückegasse beträgt der abgestrebte Maximalabstand der Rückegassen nun 36m, sofern die Rückegassen selbst von dieser Rechnung ausgeschlossen (was in der Praxis nicht der Fall ist, in diesem Fall wäre der Minimalabstand weiterhin 40m). Vom Standard 2.3 zum Standard 3.0 hat sich also auf den ersten Blick nicht viel geändert. Auf den zweiten Blick fällt auf, dass der Standard 3.0 mit seiner Forderung nach einem Maximum von 10% der Waldfläche sehr viel flexibler darin ist, wie groß genau der Abstand der Rückegassen ausfällt. Es handelt sich hierbei also eher um einen Mittelwert als um eine fixe Vorgabe. Weiterhin wird in diesem Standard nicht mehr davon gesprochen, dass ein Abstand von 20m nicht unterschritten werden darf.

Man kann dies als einen Fortschritt bezeichnen, da durch eine Prozentangabe die Waldbewirtschafter flexibler sind und ihr bestehendes Feinerschließungsnetz besser anpassen können. Auf der anderen Seite führen solche Änderungen in der Praxis bei einem so langsam wachsenden Ökosystem wie dem Wald zu massiven Unsicherheiten in der Planung und damit zu einem Risiko für eine bestmögliche Waldbewirtschaftung [2].

Dies wird dadurch verstärkt, dass schon die FSC-Vorgaben im Standard 2.3 durch den Leitfaden für Praktiker [3] relativiert werden. Die Firma UNIQUE hat die hierin enthaltenen Aussagen in Ihrem Gutachten zur FSC-Zertifizierung des hessischen Staatsforstes wie folgt zusammengefasst:

Bestehende Rückegassensysteme [sollen] nach Möglichkeit integriert/erhalten werden, auch wenn diese z.B. nur einen Gassenabstand von 30m haben […] Die Systeme müssen geländeangepasst sein, woraus sich u.U. ein dauerhaft geringerer Gassenabstand als 40m ergeben kann.“ [4]

Mangel einer wissenschaftlichen Basis

Die Angaben im Leitfaden erscheinen hierbei wesentlich realistätsnäher, da kein neutraler Forstwirt auf die Idee kommen würde, in einem bestehenden Bestand das zugehörige Feinerschließungssystem zu verändern.

Der Grund hierfür ist einfach: Wälder sind keine Ökosysteme, die sich innerhalb weniger Wochen oder Monate entwickeln. Ein Waldzyklus dauert in Mitteleuropa mehrere Jahrhunderte (Umtriebszeit[5]: für Fichte 80-110 Jahre, Eiche 160-200 Jahre usw.). Dementsprechend erfolgt auch die Anlage eines Rückegassensystems immer langfristig beziehungsweise dauerhaft und das aus gutem Grund, denn nur so können eine flächige Befahrung sowie entstehende Schäden minimiert und im Idealfall vermieden werden. Kurzfristige Änderungen ziehen gravierende Zerstörung nach sich, die weder im Sinne. Dies gilt insbesondere für Experimente mit variierenden Vorgaben, wie der FSC sie gerade praktiziert.

Abgesehen von unserer Kritik, dass die global-holistischen Konsequenzen unbetrachtet bleiben, ist dies auch aus regionaler Umweltschutzperspektive nicht zwangsläufig sinnvoller. Eine Halbierung der verfügbaren Rückegassen bedeutet, dass über jede der verbleibenden Rückegassen die doppelte Menge Holz transportiert werden muss. Schon bei einer Bewirtschaftung mit einem Rückegassenabstand von 20m sind Bodenschäden durch die Befahrung zu beobachten – er wird verdichtet und dementsprechend schlechter durchlüftet, seine Wasserspeicherfähigkeit geht verloren, Feinwurzeln können durch den Druck abreißen… Bei einem weiteren Rückegassenabstand müssen ungleich schwerere Maschinen eingesetzt werden, was die Regenrationsfähigkeit des Bodens nachhaltig einschränkt. Man kann nun argumentieren, dass dies für das Ökosystem trotzdem besser sei, da insgesamt weniger Boden geschädigt wird. Wir möchten an dieser Stelle jedoch auf unseren Artikel zur Nichtderbholznutzung verweisen, in dem wir detaillierter erklären, dass ein unbeschädigtes, nährstoffreiches Ökosystem nicht zwangsläufig einen „ökologischen Vorteil“ bietet, das sich hierdurch immer ein Habitat für Nischenspezies (z.B. für die Gelbbauchunke (Bombina variegata)[6], die 2014 von der Deutschen Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde zum Lurch des Jahres gekürt wurde)[7] ergibt, die anderswo von dominanteren Arten verdrängt werden würden. Wir erläutern dieses Beispiel um deutlich zu machen, dass die Diskussion wesentlich komplexer ist als auf den ersten Blick ersichtlich und immer unter Einbezug von Wissenschaft und Forschung stehen muss. Außerdem ist dies ein erster Hinweis darauf, dass sie Aussage, dass „ein weiterer Gassenabstand […] demnach ökologische, wirtschaftliche und soziale Vorteile hat“ [8]hinfällig ist.

Mangel an Kenntnissen der aktuellen fachlichen Praxis

Alternativen wie das Rücken per Pferd oder den Abtransport per Hubschrauber schonen zwar den Boden, richten dafür aber an anderer Stelle etwa gleichschwere (wenn nicht schwerere) Schäden[9] an. Darüber hinaus sind die gegenwärtig anfallenden Mengen an Holz weder hinsichtlich der Quantität noch im Hinblick auf ihre Dimension (Länge und Durchmesser) vollständig durch solche alternativen Methoden zu realisieren, geschweige denn finanziell darstellbar.

Bei dem Argument der „Zerstörung“ des Bodens durch die erwähnten Harvester, die von Umwelt- und Naturschützern gerne vorgebracht wird, wird leider oft außer Acht gelassen, dass sich aus ökologischer Perspektive aus jedem subjektiv „zerstörten“ Naturraum ein Habitat für spezielle Pflanzen und Tiere entwickeln kann.

Widerspruch zu deutschen Gesetzen

Durch eine Umstellung auf Abstände von mehr als 20m wird in vielen Fällen das motormanuellen Zufällen notwendig, und das ist nicht ohne Risiko.[10] Zwar versucht der FSC zu argumentieren, dass „ein weiter Rückegassenabstand Arbeitsplätze [sichert], da in diesem Fall motormanuell zumindest zugefällt werden muss“, er lässt jedoch unerwähnt, dass es sich hierbei um einen der gefährlichsten Arbeitsplätze der Bundesrepublik handelt, dessen Sicherheitsrisiko sich mit einer solchen Zufällung massiv verschärfen würde. Hierzu sagt selbst das UNIQUE-Gutachten zur FSC-Zertifizierung im hessischen Staatsforst:

„Insbesondere in Beständen mit hoher Buchennaturverjüngung dürfte sich neben den Folgen für die Verjüngung, das Zufällen schwierig gestalten. Auch wenn hier erste Verfahren zum parallelen Arbeiten von Forstwirten und Harvester im Bestand mit Hilfe von Abstandswarnsystemen entwickelt werden, bleibt beim motormanuellen Zufällen stets ein erhöhtes Risiko bestehen. FSC verfolgt durch den hohen Gassenabstand neben ökologischen Gesichtspunkten auch soziale Kriterien. Die Sicherung von Arbeitsplätzen durch das Motormanuelle Zufällen. Durch den höheren Anteil an motormanueller Arbeit steigt aber auch die Unfallgefahr und Belastung der Forstwirte. Wurde in den letzten Jahren bewusst der Anteil an schweren körperlichen Arbeiten der Forstwirte bei der Holzernte durch den Einsatz von Maschinen reduziert, so nimmt dieser insbesondere beim langfristig angestrebten Gassenabstand von 40m im Rahmen des Standards 3.0 [11] deutlich zu.“[12]

Unerwähnt bleibt hierbei, dass die Forderung nach weiteren Rückegassenabständen damit geltendem Arbeitsrecht entgegensteht. So ist nach §4 Arbeitsschutzgesetz festgelegt, dass erst über personenbezogene Maßnahmen zum Schutz der Arbeitssicherheit verhandelt werden kann, wenn sämtliche alternative, sicherere Arbeitsverfahren bereits angewendet werden:

„5. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachranging zu anderen Maßnahmen“[13]

Es darf also rein rechtlich betrachtet unter keinen Umständen eine höhere Arbeitssicherheit (Gassenabstand  20m) durch eine schlechtere Arbeitssicherheit (Gassenabstand größer 20m) ersetzt werden. Dementsprechend kann und wird in der Holzwirtschaft auch aus arbeitsschutzrechtlichen Gründen (auf die wir gleich weiter eingehen), sofern aufgrund der Geomorphologie möglich, nicht von den bestehenden Rückegassenabständen abgewichen. Darüber hinaus erhöhen sich im Falle einer motormanuellen Zufällung auch die Schäden am verbleibenden Bestand.

Einen ausführlicheren Text hierzu, verfasst von der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und und Gartenbau den folgenden Artikel, veröffentlicht in der Forst und Technik:

FT_09_17_24

Exklusive regio-ökologische Betrachtungsweise

Für uns nur sekundär von Bedeutung, für die Vollständigkeit unserer Kritik jedoch notwendig bleibt schließlich noch zu erwähnen, dass eine motormanuelle Zufällung mit deutlich höheren Erntekosten einher geht. Dementsprechend wird allerdings auch der letzte Aspekt des oben genannten Zitates, das dem weiteren Rückegassenabstand in allen drei Säulen der Nachhaltigkeit eine Verbesserung unterstellt, unwahr.

Fazit

In den deutschen (Bundes- und Landes-) Waldgesetzen, Geschäftsanweisungen, Ausführungsbestimmungen etc. sind bestmögliche Praktiken (im Sinne der drei Nachhaltigkeitssäulen) längst wesentlich präziser ausformuliert und umgesetzt als es im FSC-Standard der Fall ist – und selbst hier besteht noch Luft nach oben. Bis zur Erarbeitung eines umfassenden FSC-Konzeptes, das beispielsweise sämtliche Waldformationen/-situationen der Bundesrepublik (oder einer kriterienhomogenen Kategorie) berücksichtigt, nimmt der FSC billigend in Kauf, dass seine verschiedenen Experimente (hier gemeint als Begriff für sich willkürlich ändernde Ansichten und daraus resultierende Regelungen) nicht abschätzbare Folgen nach sich ziehen. Wir bewerten dieses Verhalten als grob fahrlässig und fragen uns, inwieweit der FSC mit sozialer Verantwortung werben kann, Waldbesitzer und -arbeiter aber die Konsequenzen seiner ökologischen und sozialen Unkenntnis tragen lässt.

Weiterführende Literatur
• Forsttechnische Informationen 1+2/2010, „Bodenschonung Beim Forstmaschineneinsatz“ FTI_1+2_2010-NEU_ende
• Forsttechnische Informationen 3+4/2010, „Bodenschutz“ FTI_3+4_2010_final
• Forsttechnische Informationen 9+10/2010, „1. KWF-Thementage Bodenschutz“ FTI_9+10_2010 (3)
• AFZ Der Wald Nr. 18, September 2013, „ 2. KWF-Thementage Umweltgerechte Bewirtschaftung nasser Waldstandorte“ AFZ_Thementage_komplett

Quellen

[1]    UNIQUE-Gutachten, Kapitel „Feinerschließung und Rückegassenabstände“, Seite 64. Zitiert aus dem FSC-Standard 2.3 Punkt 6.5.4

[2]    Siehe Bericht des hessischen Rechnungshofes zur FSC-Zertifizierung

[3]    Forsttechnische Informationen 1+2 und 3+4 2010

[4]   UNIQUE-Gutachten, Kapitel „Feinerschließung und Rückegassenabstände, Seite 64. Zitiert aus dem Leitfaden für Praktiker

[5]    Umtriebszeit: die Zeitspanne vom Sämling bis zur Ernte des Baumes bei Erreichen des Zielalters

[6]    Waldwissen.net (Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft, LWF, Bundesforschungs – und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft, BFW, Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft, WSL, Forstliche Versuchs – und Forschungsanstalt Baden-Württemberg, FVA), „Artenschutz mit dem Rückeschlepper: Lauchgewässer für Gelbbauchunken“, abgerufen über folgenden Link am 14.05.2018

[7]    Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde, „Lurch des Jahres 2014: Die Gelbbauchunke“, abgerufen über folgenden Link am 14.05.2018

[8]     UNIQUE-Gutachten, Kapitel: „Feinerschließung und Rückegassenabstände“, Seite 64. Zitiert aus dem Leitfaden für Praktiker

[9]      Forsttechnische Informationen 1+2 und 3+4 2010

[10]    UNIQUE-Gutachten, Kapitel „Analyse und Beurteilung der Sachverhalte“, Seite 75

[11]    UNIQUE scheint hier selbst den Überblick über die Standards verloren zu haben. Tatsächlich spricht der Standard 2.3 von einem Abstand von 40m, der Standard 3.0 spricht von einem Feinerschließungssystem, das 10% bzw. 13,5% der Holzbodenfläche belegt (entspricht 30-40m Rückegassenabstand).

[12]  UNIQUE-Gutachten, Kapitel „Analyse und Beurteilung der Sachverhalte“, Seite 76

[13] Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz, „Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetzt – ArbSchG) § 4 Allgemeine Grundsätze“, abgerufen über folgenden Link am 14.05.2018